Was tun, wenn die AfD in Kassel provoziert?

20. September 2023

Laut und solidarisch gegen die AfD

Samstag, 23.09.23, Antifa Demo 9.45 Uhr Halitplatz, Gegenkundgebung 10.45 Uhr Opernplatz

Setzen wir in Kassel ein politisches Signal gegen die AfD!

Die AfD plant im Landtagswahlkampf auch in Kassel einen öffentlichen Auftritt. Sie möchte dabei das Bild einer „etablierten bürgerlichen Partei“ abgeben. Wer aber das Programm und die Kandidat*innen der AfD genauer betrachtet, erkennt, hier tritt eine im Kern faschistische Partei an.

Rassismus zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Wahlprogramm. Als Verursacher aller Probleme dieses Landes werden den Nicht-Deutschen angesehen. Selbst soziale Nöte, Wohnungsnot, Inflation und Abbau sozialer Leistungen wegen der Kosten für die Hochrüstung werden Migranten und Flüchtlingen angelastet. Wer sich hierbei an die faschistische „Volksgemeinschafts“-Ideologie erinnert fühlt, irrt nicht.

Während viele Menschen sich um den Erhalt der Umwelt und die Zukunft des Planeten Sorgen machen, lehnen AfD-Vertreter jegliche notwendigen Maßnahmen ab, als könnte die Klimakrise an den deutschen Außengrenzen gestoppt werden.

Selbst die angeblichen „Friedensparolen“ zum Ukraine-Krieg sind verbunden mit einem völkischen Nationalismus und einer Forderung nach Aufrüstung der Bundeswehr.

Mit ihrem Rassismus, Sexismus und ihrer Frauenfeindlichkeit steht die AfD gegen eine Gesellschaft, in der alle Menschen unabhängig von Herkunft, sexueller Identität, Religion oder Geschlecht solidarisch miteinander leben können.

Daher rufen wir dazu auf, eine politische Brandmauer gegen diese Partei zu errichten.

Wer AfD wählt, wählt Nazis – wir sagen Nein!

Antikriegstag 2023 in Kassel

1. September 2023

Am 1. September fand – trotz widrigem Wetters – die traditionelle Antikriegstagskundgebung in Kassel auf dem Opernplatz statt. Über 100 Friedensfreund*innen waren zusammengekommen und hörten die Ansprachen von Marlies Wilde-Stockmeier (Kasseler Friedensforum), Jenny Huschkke (Regionsgeschäftführerin des DGB Nordhessen), Ulrich Schneider (VVN-BdA Kassel) und Joachim Cornelius-Bundschuh (ehem. Landesbischof der badischen Landeskirche).

Die Kundgebung wurde kulturell bereichert durch einen Auftritt des Chors provocale mit Liedern und Texten. Trotz der schlechten Witterungsbedingungen wurde diese Veranstaltung als gelungenes Signal für die Kasseler Öffentlichkeit gesehen, dass in dieser Stadt die Stimme der Friedensbewegung noch Gewicht hat. Nachfolgend die Ansprache von Ulrich Schneider für die VVN-BdA:

Foto: Klaus Brocke

Heute erinnern wir an die hitler-faschistische Aggression gegen Polen im Jahr 1939, den militärischen Beginn des Zweiten Weltkriegs, mit vielfältigen Friedensaktivitäten. In Kassel erinnern wir zudem im Oktober an den 80. Jahrestag der Zerstörung eines Großteils der Stadt in der Nacht vom 22./23. Oktober 1943 als Konsequenz dieser militärischen Aggression. Nun war es auch die deutsche Bevölkerung, die von diesem Krieg direkt betroffen war. Uns ist dieser Zusammenhang auch deshalb wichtig, um zu zeigen, dass in Kriegen zu allererst die Zivilbevölkerung leidtragend ist.
Trotz dieses historischen Rückblicks steht natürlich der gegenwärtige Krieg zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine im Fokus. Ein Ende der Kampfhandlungen ist nicht in Sicht. Stattdessen erleben wir in den letzten Monaten eine zunehmende Brutalisierung zu Lasten aller Menschen in den Kriegsregionen, in der Ukraine selber, im Donbass oder in den russischen Regionen, die mittlerweile ebenfalls Kriegsgebiet sind.
Mit Sorge verfolgen wir den Einsatz von Munition, die langfristig die Lebensgrundlage aller Menschen in dieser Region zerstört. Dazu gehört der Einsatz von nuklear angereicherten Geschossen, die angeblich eine höhere Durchschlagkraft haben, geliefert durch Großbritannien an die Ukraine. Bekannt ist, dass solche Munition eine Verseuchung des Kampfgebietes selber auf Jahrzehnte bedeutet. Ob man mit diesen Waffen die „Befreiung“ eines Gebietes erreicht, ist mehr als fraglich. Sicher ist jedoch, dass in dieser Region Menschen zukünftig nur mit gesundheitlichen Schäden werden leben können – egal, wer bei der militärischen Auseinandersetzung die Oberhand erreicht hat.
Gleiches gilt für den massiven Einsatz von Streumunition, Sprengfallen und Minen entweder beim Rückzug der eigenen Truppen oder bei der Sicherung von Verteidigungslinien. Schon bei der Überschwemmung durch die Staudammzerstörung wurden Landminen unkontrolliert durch die Wassermassen verteilt. Wir wissen aus früheren Kriegen insbesondere in Indochina, wo die USA in den Dschungelregionen von Kambodscha und Laos Anfang der 1970er Jahre massiv Streumunition eingesetzt hat, dass diese Waffensysteme eine der langfristigen Folgen eines Krieges auch nach der Beendigung der Kämpfe für die Zivilbevölkerung darstellen.
Und denken wir einfach nur an die Folgen, als hier in Kassel vor wenigen Tagen auf dem Gelände von Mercedes ein Blindgänger von vor 80 Jahren gefunden wurde. Zum Glück kamen keine Menschen zu Schaden.

Und ich muss sicherlich niemanden daran erinnern, dass als Konsequenz des Krieges und der politischen und militärischen Reaktionen aller Kriegsparteien etwa 16 Millionen Ukrainer aus dem Land flohen, gleichzeitig weitere Hunderte von Millionen Menschen in der ganzen Welt die Folgen eines Wirtschaftskriegs zu tragen haben, indem die Energiekosten extrem gestiegen, Düngemittel und Getreide für die ärmeren Länder der Welt fast unerschwinglich geworden sind und Spekulanten diesen Krieg nutzen, um ihre Gewinne zu steigern.

Dieser Krieg nimmt zunehmend den Charakter eines Stellvertreterkrieges zwischen Russland und den NATO-Staaten an – auf dem Rücken der Menschen in den Kriegsregionen. Während die Verbündeten der Ukraine mit der Ankündigung neuer Waffenlieferungen für einen Krieg planen, der noch viele Monate dauern soll, erklärte im November 2022 die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) in einem Appell:
„Waffen werden niemals Frieden bringen, Diplomatie und Verhandlungen sind der einzige Weg. Dies ist vor allem notwendig, um das Leben der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten zu retten.
Darin sehen wir uns auch in Übereinstimmung mit Papst Franziskus, der eindringlich vor der Gefahr eines Atomkrieges gewarnt hat, der nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch für alle europäischen Länder und erst recht für die gesamte Menschheit katastrophale Folgen haben wird.“
Auch die Staaten des globalen Südens unternehmen viele Anstrengungen unter dem Motto „Nein zum Krieg und Ja zum Dialog und zur Zusammenarbeit.“ Sie fordern die Einstellung der Militarisierung der Region und Beendigung der Sanktionspolitik, die insbesondere die ärmsten Staaten der Welt belasten.

Unter dem Motto: „Den Frieden gewinnen – nicht den Krieg!“ haben daher antifaschistische Verbände in verschiedenen Ländern heute einen weiteren Friedensappell gestartet.
Sie rufen die Menschen in allen Ländern auf, ihre öffentlichen Aktivitäten für den Frieden zu verstärken, am 1. September, dem Antikriegstag, oder am 21. September, dem Weltfriedenstag der Vereinten Nationen. Wenn die Stimmen der Völker lauter werden, müssen die Regierungen darauf reagieren. In dem Appell heißt es unter anderem:
„Ein sofortiger Waffenstillstand ist notwendig, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Waffenlieferungen werden keinen Frieden bringen, sondern nur eine Einstellung der Kämpfe und ernsthafte Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien.“
Das ist der Weg der Völker und des Lebens, der Traum von einer besseren, friedlicheren Welt.

In diesem Sinne verstehe ich unsere heutige Kundgebung als Teil dieser weltweiten Friedensinitiative.

Geert Platner lebt nicht mehr

24. Juli 2023

Traurig nehmen wir Abschied von einem langjährigen politischen Weggefährten, der viele Jahrzehnte mit der antifaschistischen Erinnerungsarbeit und dem politischen Vermächtnis der Überlebenden verbunden war. Als engagierter Lehrer motivierte er seine Schülerinnen und Schüler, sich kritisch mit dem Thema „Schule im Dritten Reich“ zu beschäftigen. Er vermittelte ihnen Zeitzeugen als Gesprächspartner, die bei den Jugendlichen eine solche Begeisterung auslösten, dass Geert Platner und seine Klasse einen entscheidenden Beitrag dazu leisteten, dass der Kommunist und Buchenwald-Häftling Wilhelm Hammann eine Würdigung als „Gerechter unter den Völkern“ in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem erfuhr. Diese Arbeit wurde noch einmal gewürdigt, als zum 125. Geburtstag von Wilhelm Hammann Geert Platner in einer Broschüre darüber berichtete.
Nach dem Ende seiner beruflichen Tätigkeit in der Schulleitung der Kasseler Gerhard Hauptmann Schule nutzte er die Zeit für publizistische Arbeiten. Sein Interesse galt unter anderem dem pazifistischen Offizier und Schriftsteller Hans Paasche, zu dessen 100. Todestag Platner im Mai 2020 eine ausführliche Würdigung in der „jungen Welt“ veröffentlichte, nachdem er zuvor im Donat-Verlag in Bremen an mehreren Büchern zu Paasche mitgearbeitet hatte.

Solidarität mit Verfolgten und Flüchtlingen war ihm ein Herzensanliegen. Als andere von „Flüchtlingswellen“ fabulierten, ergriff Geert Platner die Initiative und sammelte Hilfsgüter für Menschen in den griechischen Flüchtlingslagern. Selbst die HNA spannte er in seine Sammeltätigkeit ein. Bei der documenta 14 engagiert er sich in der Griechenlandsolidarität für die Anerkennung der griechischen Wiedergutmachungsforderungen gegenüber Deutschland.
In den letzten Jahren war er zudem ein aktiver Weggefährte des Kasseler Friedensforums. Er appellierte, dass die Stimme der Friedensbewegung angesichts der aktuellen Bedrohung durch die militärische Eskalation im Ukraine-Krieg und die zunehmende Gefahr eines Atomkrieges deutlicher vernehmbar sein müsse.
In seiner politischen Arbeit legte er wenig Wert auf Orden und Ehrenzeichen, auch wenn er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden war. Wichtiger waren ihm die Anerkennung und das Zusammenwirken mit seinen politischen Weggefährten. Seine eigene Kraft ließ aus gesundheitlichen Gründen in den letzten Jahren deutlich nach. Er starb am 21. Juli 2023 in Ahnatal-Weimar. Er wird uns fehlen.

Was können Antifaschist*innen gegen den Vormarsch der AfD tun? VVN-BdA Kassel lädt ein

24. Juli 2023

Ob es der AfD-Bundesparteitag Ende Juli 2023 ist, die Aufweichung der „Brandmauer“ durch den CDU-Bundesvorsitzenden Merz, der nichts gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene hat, oder der demoskopische „Höhenflug“ dieser Neonazipartei – die AfD beherrscht die öffentlichen Themen.

Daher hat die VVN-BdA Kassel als Thema ihres regelmäßigen Treffens trotz Sommerferien die Kampagne „Björn Höcke ist ein Nazi!“ und die Erfolge der AfD bei den letzten Wahlen in Thüringen und Sachsen-Anhalt gewählt. Wir wollen dabei auch über die anstehenden Landtagswahlen in Hessen sprechen, wo die AfD natürlich ebenfalls wieder antritt, und wie wir dazu beitragen können, deren wahlpolitischen Einfluss zu begrenzen.
Da nicht nur die VVN-BdA dieses Anliegen hat, sind Interessierte aus anderen antifaschistischen Zusammenhängen zu diesem „Jour fix“ herzlich eingeladen. Bitte verbreitet diese Einladung über eure elektronischen Verteiler, damit uns Interessenten mit unserer praktischen Arbeit kennen lernen können.

Termin: Donnerstag, der 3. August 2023, ab 18:30 h.
Ort: Philipp-Scheidemann-Haus, Raum 13 (Nebeneingang!).

Bei dieser Versammlung gilt natürlich:
Gemäß § 6 des Versammlungsgesetzes sind Personen und Gruppen, die neonazistische, extrem rechte, rassistische, antisemitische oder andere diskriminierende Positionen propagieren, von der Teilnahme an dieser Versammlung ausgeschlossen.

VVN-BdA Hessen fordert klare Aussagen des Hessischen Landtags zum Lübcke-Mord

16. Juli 2023

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Nun liegen der offizielle Abschlussbericht zum Lübcke-Untersuchungsausschuss und die Sondervoten der Fraktionen vor. Nach Sichtung dieser Unterlagen fordert die VVN-BdA klare Aussagen des Landtages:

  1. Es gibt keinen Zweifel, dass die staatliche Instution, die vorgeblich zum „Schutz der Verfassung“ ein-
    gerichtet ist, ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden ist. Nicht nur, dass sie den späteren Mörder Ernst und seinen Kumpanen Hartmann als „nicht mehr gefährliche Rechtsextreme“ abgetan haben. Man hat auch das radikalisierende Umfeld der „Kagida“-Bewegung und die zunehmend aufgeheizte Hetze gegen den Regierungspräsidenten überhaupt nicht im Blick gehabt.
  2. Hätte diese Instution ihren politischen Auftrag gegenüber der extremen Rechten tatsächlich wahrge-
    nommen und sich nicht vorrangig mit der Beobachtung z.B. der Antifaschistin Silvia Gingold oder mit
    vorgeblichen „Linksextremisten“ in der Klima-Bewegung beschäftigt, dann hätte der Mord möglicherweise verhindert werden können.
  3. Zum Umfeld der rassistischen Hetze, das Ernst in seinem Mordvorhaben bestärkt hat, gehört die AfD,
    für die Ernst nicht nur im Wahlkampf tätig war, sondern die mit führenden Funktionären aktiv beteiligt war an den „Kagida“-Aufmärschen.
  4. Verantwortung für dieses Versagen trägt der Verfassungsschutz, die politische Verantwortung liegt
    aber beim hessischen Innenminister. Wir erinnern daran, dass schon bei dem Mord an Halit Yozgat im Zuge der NSU-Morde der Verfassungsschutz und der damalige hessische Innenminister eine verhängnisvolle Rolle in der Aufklärungsarbeit gespielt haben. Dem Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme wurde ein Aussageverweigerungsrecht eingeräumt, obwohl er während des Mordes am Tatort anwesend war.

Sollten diese Punkte aus Gründen der „Regierungsräson“ nicht in aller Klarheit benannt werden, zeigen die hessischen Regierungsparteien, dass sie nicht bereit sind, dieses abscheuliche Verbrechen in seiner ganzen politischen Dimension aufzuarbeiten – obwohl Dr. Walter Lübcke Mitglied der CDU war und die Partei „Die Grünen“ mehrfach öffentlich bekundet hat, dass sie sich für eine vorbehaltlose Aufklärung einsetzen will.

Zum Urteil im Dresdener Antifa-Prozess

2. Juni 2023

Die VVN-BdA ist empört über das Urteil des Dresdener Oberlandesgerichts im Fall der angeklagten Antifaschistin Lina E und ihrer Mitangeklagten. Über fünf Jahre Haft für sie als „Rädelsführerin“ einer „kriminellen Vereinigung“ ist ein Urteil, das nicht nur bezogen auf die Vorwürfe überzogen ist, sondern angesichts des Prozessverlaufs nur als skandalös zu bezeichnen ist.

Es ist ungeheuerlich, dass der Senat um Richter Hans Schlüter-Staats ein solch drastisches Urteil auf der Basis von Indizien, haltloser Aussagen militanter Neonazis und eines dubiosen Kronzeugen fällte. Vor Gericht kamen immer wieder grundlegende Zweifel an der Arbeit der Bundesanwaltschaft auf, die den Fall an sich gezogen hatte. Falsche Interpretationen von vorgelegten Materialien, widersprüchliche Aussagen und fehlende Beweise prägten das Verfahren. Es gab lediglich ein Konvolut an Indizien, die als »Belege« für die Täterschaft von Lina E. angeführt wurden: Nicht einmal DNA-Spuren konnten eindeutig zugeordnet werden, ein Foto vom Tatort bei Lina E. wurde als Beleg ihrer Anwesenheit gerechnet. Auch der Kronzeuge Johannes Domhöver konnte nichts Substanzielles beitragen. Vielmehr ist es erkennbar, dass er seinen Freispruch erkauft hat mit einer Aussage, die die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft stützen sollten. Aussagen militanter Neonazis wurde Glauben geschenkt – „Zeugen“, die in einem eigenen Prozess in Eisenach wegen krimineller Handlungen verurteilt wurden.
Selbst die Bundesanwaltschaft musste eingestehen, »nicht den einen, erdrückenden Beweis« zu haben. Trotzdem forderte sie acht Jahre Haft. Für sie sei es »die Gesamtschau«, die die Vorwürfe erhärtete. Die Verteidigung hat vollkommen zurecht das Vorgehen der Dresdner Justiz als politisch motiviert beschrieben. Es ist ein Gesinnungsurteil, dass ein Exempel gegen (militanten) Antifaschismus statuieren soll.

Dieses Urteil weckt unliebsame Erinnerungen an die Justiz in der Endphase der Weimarer Republik, als bei Auseinandersetzungen zwischen Nazis und Nazigegnern in aller Regel die Antifaschisten mit schweren Verurteilungen rechnen mussten, während die SA und andere gewalttätige Nazis mit Milde der Richter rechnen konnten.

Wenn Innenministerin Nancy Faeser angesichts des Urteils betont, dass es auch im Handeln gegen Neonazis keine Selbstjustiz geben dürfe, da solch ein Verhalten das Vertrauen in den Rechtstaat beschädige, dann betonen wir, dass dieses Urteil in noch viel größerem Maße das Vertrauen in die Justiz und die Regeln des Rechtstaates beschädigt. Wir erwarten, dass bei einer rechtlichen Prüfung dieses Urteil aufgehoben wird.

8. Mai 1945 – 2023: Ansprache am Mahnmal „Die Rampe“

8. Mai 2023

In diesem Jahr fanden in Kassel zwei Gedenkaktionen statt. Um 12:00 h kamen etwa 50 Studierende am Mahnmal „die Rampe“ zusammen, um 16:00 h gut 100 Bürgerinnen und Bürger aus Kassel im Ehrenmal für die Opfer des Faschismus. Es waren zwei würdige öffentliche Formen des Gedenkens und Erinnerns. Der Vertreter der Kasseler Kreisvereinigung der VVN-BdA war auf beiden Veranstaltungen als Sprecher eingeladen. Hier die Ansprache:

Gedenkaktion im Ehrenmal, Foto: Klaus Brocke

Ich spreche hier als Vertreter der VVN-BdA, einer Organisation, die vor über 75 Jahren von Frauen und Männern aus dem antifaschistischen Widerstand, Verfolgten und Überlebenden der faschistischen Haftstätten gegründet wurde, in der heute die Generation der nachgeborenen Antifaschistinnen und Antifaschisten das politische Vermächtnis bewahren und in die heutige Zeit übersetzen.

Wir stehen hier an dem Mahnmal „Die Rampe“, was uns gemeinsam erinnert an die verheerendste Konsequenz der faschistischen Herrschaft in Deutschland und über Europa, nämlich an die industriell organisierte Massenvernichtung von Menschen, die nicht in die Rasse-Ideologie der faschistischen Herrschaft passten, Jüdinnen und Juden, Sinti*zze und Sinti, Romnja und Roma neben anderen Gruppen, die aus der faschistischen „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen wurden.

Wir erinnern hier üblicherweise am 27. Januar, also an dem Tag der Befreiung dieses Vernichtungslagers durch die militärischen Einheiten der sowjetischen Armee 1945.

Heute erinnern wir an den „Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg“. Selbst wenn uns allen heute diese Formulierung so leicht von den Lippen geht, so möchte ich doch daran erinnern, welcher politischen Auseinandersetzungen es bedurfte, den 8. Mai in der BRD tatsächlich als „Befreiung“ zu benennen. Erst 1985 benutzte zum ersten Mal ein deutscher Bundespräsident, nämlich Richard von Weizsäcker diese Begrifflichkeit. Bis dahin sprachen die meisten Politiker in der BRD von Niederlage, Kapitulation oder Katastrophe – aber nicht davon, dass an diesem Tag auch die deutsche Bevölkerung vom Faschismus befreit wurde, selbst diejenigen, die noch bis 5 Minuten nach 12 „in Treue fest“ mit dem NS-Regime verbunden waren.

Es waren insbesondere die Frauen und Männer aus dem antifaschistischen Widerstand, die Überlebenden des faschistischen Terrors, die diesen Tag tatsächlich als Befreiung erlebten.

In Kassel hatte die Befreiung durch die alliierten Streitkräfte bereits einige Wochen vorher stattgefunden. Es waren die Ostertage 1945, als amerikanische Einheiten das Kasseler Becken erreichten und nach wenigen Tagen den letzten Widerstand von Wehrmacht, Volkssturm und SS-Verbänden zerschlugen. Am 4. April 1945 kapitulierten die letzten Wehrmachtseinheiten, nachdem sie noch mehrere Tage – also bis 5 Minuten nach 12 – unsinnigen Widerstand geleistet hatten und damit den Tod weiterer Menschen zu verantworten hatten.

Sie hatten mit diesem militärischen Widerstand auch zu verantworten, dass in den letzten Stunden vor der Befreiung der Stadt die Gestapo und SS noch drei Verbrechen begehen konnten. Sie ermordeten am Karfreitag 1945 zwölf Häftlinge des Zuchthaus Wehlheiden, darunter Wolfgang Schönfeld, der 1944 als Deserteur verhaftet worden war, ohne irgendein Urteil auf dem Wehlheider Friedhof.

Sie ermordeten am Ostersamstag 78 italienische Zwangsarbeiter und einen sowjetischen Häftling angeblich wegen Plünderung – sie hatten sich aus einem aufgebrochenen Wehrmachtstransport auf dem Bahnhof Wilhelmshöhe Lebensmittel genommen. Sie wurden ebenfalls standrechtlich erschossen. Verantwortlich war in beiden Fällen der Leiter der Kasseler Gestapo Franz Marmon. Auf seinen Befehl hin wurden ebenfalls am Ostersamstag 28 Häftlinge des Arbeitserziehungslagers Breitenau, darunter 16 sowjetische, 10 französische und 2 niederländische Gefangene von SS-Leuten in den Fuldabergen bei Guxhagen ermordet.

Es scheint mir heute wieder nötig zu sein, an diese Verbrechen zu erinnern, um die Perspektive, die mancher Zeitgenosse mit dem Kriegsende verbindet, die „Deutschen seien doch auch Opfer gewesen“, deutlich zu relativieren.

Die Frauen und Männer aus dem antifaschistischen Widerstand, die Überlebenden des faschistischen Terrors, verstanden den 8. Mai auch deshalb als Befreiung, weil er ihnen den Weg zum Aufbau einer antifaschistisch-demokratischen und friedlichen Gesellschaft eröffnete. Auch hier in Kassel entstanden in den Betrieben und Stadtteilen „antifaschistische Komitees“, die von Angehörigen der Arbeiterparteien und Gewerkschaften und einigen liberalen Bürgern getragen wurden. Sie setzten sich nicht nur ein für die Beseitigung der Trümmer und die Reorganisation des alltäglichen Lebens, sondern auch für politische Konsequenzen, die ausgehend von der Losung „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ einen tatsächlichen Neubeginn ermöglichen sollten.

Die politische Losung „Nie wieder Krieg!“ haben beispielsweise die Arbeiter in Kassel konkret übersetzt mit „Nie wieder ‚Tiger-Stadt‘!“. Und als im Deutschen Bundestag über die Remilitarisierung diskutiert wurde, kam es in Kassel zum ersten politischen Streik, als die Arbeiter von Henschel und anderen Unternehmen spontan auf die Straße gingen und gegen die Wiederaufrüstung protestierten. Wir alle wissen, dass dieser politische Widerstand nicht von Erfolg gekrönt war.

Umso dringender ist es für mich, in Erinnerung an den Jahrestag der Befreiung der Stadt und der damaligen Verpflichtung „Nie wieder Krieg!“ heute für ein Ende der Kriegsproduktion in unserer Stadt und für Rüstungskonversion einzutreten. Natürlich wusste man damals und wissen wir heute, dass mit Rüstung enorme Profite gemacht werden. Aber damals war es auch im allgemeinen Bewusstsein, dass solche Profite Blutgeld sind – bezahlt mit dem millionenfachen Tod der Zivilbevölkerung, mit den Opfern auch in dieser Stadt. Und dies gilt gerade auch in Zeiten des Krieges in der Ukraine, bei dem deutsche Rüstungskonzerne, wie zum Beispiel KMW in Kassel bereits extreme Profite einkalkulieren.

Und wir sollten auch die zweite Losung des 8. Mai 1945 nicht vergessen: „Nie wieder Faschismus!“ Natürlich wissen wir, dass ein faschistisches Regime nicht vor der Tür steht, aber wenn wir heute den Tag der Befreiung begehen, müssen wir auch daran erinnern, dass vor 17 Jahren der neofaschistische Mordterror des Netzwerkes des NSU in Kassel zugeschlagen hat. Halit Yozgat wurde am 6. April 2006 in Kassel ermordet. Und es ist nur kurze Zeit her, als Anfang Juni 2019 der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke von dem Neofaschisten Stefan Ernst und seinem Komplizen brutal ermordet wurde. Das sind nur zwei blutige Beispiele, die unsere Losung bestätigen „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“.

Und in diesem Sinne ist und bleibt für uns der 8. Mai der Tag der Befreiung, aber auch ein Tag der Mahnung und der Selbstverpflichtung, das Vermächtnis der Überlebenden politisch fortzusetzen.

Und damit sich das nicht an „runden Jahrestagen“ und in Sonntagsreden ausdrückt, hat die Auschwitz Überlebenden Esther Bejarano, die leider vor einiger Zeit verstorben ist, im Januar 2020 eine Petition auf den Weg gebracht „Der 8. Mai muss Feiertag werden“. Bis Mitte vergangenen Jahres hatten mehr als 175.000 Menschen diese online-Petition unterstützt. In einer Zwischenbilanz wurden die ersten 100.000 Unterschriften an den Deutschen Bundestag übergeben. Mit dem Abschluss der Petition wurde die Liste der 175.000 den politisch Verantwortlichen in Person des damaligen Bundesratspräsidenten, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, offiziell überreicht.

Die politischen Lehren des 8. Mai umzusetzen, bedeutet für uns heute:

– AfD, NPD und ihre Verbündeten aufzuhalten – und natürlich solche Provokationen, wie den Auftritt Höckes am heutigen Tag in Weimar,

– das Treiben gewalttätiger und mordender Neonazis zu unterbinden, ihre Netzwerke in Polizei und Bundeswehr aufzudecken und aufzulösen,

– einzugreifen, wenn Menschen jüdischen Glaubens, Muslime, Roma und Sinti und andere, die nicht in das Weltbild von Nazis passen, beleidigt und angegriffen werden,

– die Logik des Militärischen zu durchbrechen und Waffenexporte zu verhindern und

– die Diffamierung und Behinderung demokratischer und antifaschistischer Initiativen und Verbände durch Geheimdienste und andere staatliche Einrichtungen zu beenden.

In diesem Sinne forderte Esther Bejarano: „Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten.“ Das galt 2020, als sie ihren offenen Brief formulierte, und gilt heute und morgen.

8. Mai muss Feiertag werden – Gedenken in Kassel

1. Mai 2023

Der 8. Mai 1945 ist und bleibt für uns der Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg; auch vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine. Wir erinnern am 8. Mai an den Beitrag aller Kräfte der Anti-Hitler-Koalition für die Befreiung Deutschlands.
Vor drei Jahren forderte die Auschwitz-Überlebende und inzwischen verstorbene
Esther Bejarano:
„Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig, seit sieben Jahrzehnten. … Am 8. Mai wäre dann Gelegenheit, über die großen Hoffnungen der Menschheit nachzudenken: Über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit
– und Schwesterlichkeit.“
Dieser Appell ist für uns gerade in der heutigen Zeit aktuell. Der 8. Mai steht für uns auch für ein Erinnern an das politische Vermächtnis der Überlebenden und an den antifaschistisch-demokratischen Neubeginn in unserem Land.

In Kassel finden am 8. Mai 2023 zwei öffentliche Gedenkaktionen statt, auf die wir gleichermaßen hinweisen möchten.
Eine studentische Erinnerungsinitiative lädt um 12:00 h ein zum
Erinnern an den „Tag der Befreiung“
am Mahnmal „Die Rampe“

in der Moritzstraße
Am Nachmittag findet um 16:00 h ein
öffentliches Gedenken
im Mahnmal für die Opfer des Faschismus,

Kassel, Fürstengarten, Weinbergstraße
statt.
Dort erinnern wir in kurzen Biographien an Frauen und Männer aus dem antifaschistischen
Widerstand, die oftmals mit ihrem Leben oder ihrer Freiheit für die
Beendigung des NS-Regimes eingetreten sind.

Das öffentliche Gedenken wird getragen von
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) Kreisvorstand Kassel, Kasseler Friedensforum, Stolpersteine in Kassel e.V., Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)

Wir gratulieren Jochen Boczkowski zum 90. Geburtstag

30. März 2023

Am 30. März 2023 feiert Jochen Boczkowski, Zeitzeuge und langjähriges Mitglied der VVN-BdA, seinen 90. Geburtstag.
Er hat nicht nur die Zerstörung seiner Heimatstadt erlebt, sondern wusste – aufgewachsen in einer sozialdemokratischen Arbeiterfamilie –, wer für diese Katastrophe die politische Verantwortung trug, das NS-Regime. In den vergangenen Jahren hat er dies immer wieder als Zeitzeuge in Jugendgruppen und öffentlichen Veranstaltungen erklärt. Seit mehr als 10 Jahren engagiert er sich für die antifaschistische Erinnerungsarbeit in der Kasseler Stolperstein-Initiative. Wenn man dann noch weiß, dass er gemeinsam mit seiner Frau Edeltraud seit drei Jahrzehnten als Wanderführer bei den Naturfreunden tätig ist, dann hat man die wichtigsten Felder, auf denen Jochen Boczkowski öffentlich zu finden ist. Und man trifft ihn in der Tat bei zahllosen politischen Aktionen – am 1. Mai, beim Antikriegstag oder dem Gedenkgang zur Reichspogromnacht.


Nicht vergessen werden soll seine politische Überzeugung, die ihn schon in den 1950er Jahren in die „Freie Deutsche Jugend“ und später in die KPD geführt hat. Er blieb dieser Überzeugung auch während des KPD-Verbotes treu und gehörte zu denjenigen, die in Kassel öffentlich die Neugründung einer kommunistischen Partei, der DKP ankündigten. Der Partei ist er bis heute verbunden.
Wir wünschen ihm Gesundheit, Kraft und Optimismus und, dass er uns noch viele Jahre als Mitstreiter zur Seite steht.

Jochen Boczkowski in seinem Element, Foto Klaus Brocke

Friedenskundgebung in Kassel

24. Februar 2023

Über hundert Menschen versammelten sich am Freitag, den 24. Februar am Friedrichsplatz, um die Forderung „Stoppt das Töten in der Ukraine“ mit aller Klarheit zu Gehör zu bringen. Bei dieser Kundgebung wurden in den verschiedenen Redebeiträgen sehr unterschiedliche Perspektiven formuliert – ihnen allen war jedoch gemeinsam, dass der Krieg in der Ukraine nur durch Dialog und Verhandlungen mit einem sofortigen Waffenstillstand im Interesse der Menschen beendet werden kann. Auf der Kundgebung hat der Vertreter der VVN-BdA Kreisvereinigung Kassel den nachfolgenden Redebeitrag gehalten:

Schon im November vergangenen Jahres haben in zahlreichen europäischen Städten – und auch hier in Kassel – Friedenskräfte auf den Straßen lautstark die Forderung erhoben
• sofortiger Waffenstillstand, stoppt das Töten in der Ukraine,
• keine weiteren Waffenexporte in das Kriegsgebiet,
• stattdessen Diplomatie zur Beendigung der Kampfhandlungen.
Das war unser Zeichen der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und allen von den Auswirkungen des Krieges betroffenen Völkern.
Ihr alle wisst es, unsere Forderungen wurden als „illusionär“ oder „weltfremd“ zurückgewiesen. Stattdessen wurde mit der Zusage der Bundesregierung für Waffenexporte in die Ukraine – insbesondere der Lieferung von Leopard 2–Panzern, die Verlängerung der Kämpfe angekündigt.
Diplomatische Initiativen zur Beendigung des Krieges?
Leider Fehlanzeige.

Begründet werden die Waffenlieferungen immer wieder mit dem Hinweis, nur so sei es der Ukraine möglich, sich gegen die russische Aggression zu verteidigen. Man tut so, als bedürfe es nur der Lieferung weiterer Panzer, um der Ukraine zum „Sieg“ zu verhelfen, was ja Präsident Selenskij in seiner Neujahrsbotschaft seinen ukrainischen Landsleuten versprochen hatte.

Wie aber sieht die Wirklichkeit aus?
Die US-Nachrichtenagentur Bloomberg listete Mitte Januar auf, dass die Verbündeten der Ukraine bereits jetzt mehr als 4.000 gepanzerte Fahrzeuge, Artilleriegeschütze, Flugzeuge und andere Waffensysteme zur Verfügung gestellt haben. Darunter seien 410 Panzer aus der Sowjetzeit zumeist T 72, die von NATO-Mitgliedern im ehemaligen sozialistischen Lager, darunter Polen, Tschechien und Slowenien, geliefert wurden. Außerdem wurden geliefert: 300 Schützenpanzer, 1.100 gepanzerte Mannschaftstransporter, 925 Minen widerstehende und Hinterhalt-geschützte Fahrzeuge, 1.540 Geländefahrzeuge, 300 bugsierte Haubitzen, über 400 Selbstfahrlafetten, 95 Mehrfachraketenwerfer, 18 Erdkampfflugzeuge vom Typ Su-25, 20 Hubschrauber vom Typ Mi17, weitere elf Hubschrauber sowjetischer Bauart, drei Hubschrauber vom Typ Westland Sea King, sechs Kamow-Hubschrauber, mehr als 30 Drohnen vom Typ Bayraktar TB2 und 415 Aufklärungsdrohnen.
Nein, ich habe diese lange Liste nicht vorgetragen, weil ich ein Waffennarr bin, sondern weil Bloomberg mit dieser Auflistung verbreitete, um die breite militärische Unterstützung der westlichen Staaten für die ukrainische Kriegsführung nachzuweisen.
Doch scheinen diese Lieferungen für die ukrainische Regierung vielmehr Ansporn zu weiteren Forderungen zu sein. Peinlich berührt mussten selbst wohlwollende Politiker am letzten Wochenende auf der Münchener Sicherheitskonferenz vom ukrainischen Regierungsvertreter dessen Forderung nach Lieferung von Splitterbomben und Streumunition hören – eine Waffenart, die wegen ihrer verhängnisvollen Wirkung auf die Zivilbevölkerung von den Vereinten Nationen seit vielen Jahren geächtet ist.

Aus meiner Sicht zeigt die Liste von Bloomberg aber etwas viel Wichtigeres: Sie ist ein Beweis für unsere Aussage, dass Waffen niemals Frieden bringen können, sondern nur Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien. Glauben die kriegsführenden Politiker allen Ernstes, 40 neue Panzer würden die Wende im Krieg bringen? Nein, man fordert bereits 400 – wohl wissend, dass die Lieferung einer solchen Zahl mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen wird.
Will man das Töten zulasten aller Menschen in den Kriegsgebieten so viele Monate verlängern?

Inzwischen mehren sich weltweit die Stimmen der Vernunft, selbst ehemalige Militärs und Diplomaten, die einen sofortigen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen und die Aufnahme von Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien fordern.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang noch einmal an den Aufruf des Weltveteranenverbands (WVF) und der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) vom November 2022:
„Waffen werden niemals Frieden bringen, Diplomatie und Verhandlungen sind der einzige Weg. Dies ist vor allem notwendig, um das Leben der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten zu retten.
Darin sehen wir uns auch in Übereinstimmung mit Papst Franziskus, der eindringlich vor der Gefahr eines Atomkrieges gewarnt hat, der nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch für alle europäischen Länder und erst recht für die gesamte Menschheit katastrophale Folgen haben wird.“

Die Friedenskräfte appellieren international an Russland und die Ukraine, die Vermittlungs- und Dialogangebote der Vereinten Nationen und weiterer Staaten anzunehmen. Dies ist der einzige Weg, den Krieg zu beenden und Menschenleben zu retten. Wir begrüßen die Position der lateinamerikanischen Staats- und Regierungschefs auf dem CELAC-Gipfel in Argentinien, die den Grundsatz „Nein zum Krieg und Ja zum Dialog und zur Zusammenarbeit“ bekräftigt haben.
Dass solche Initiativen in vielen unserer Medien arrogant abgetan wurden, ist erschreckend. Selbst über den in München angekündigten chinesischen Friedensplan sprachen Medien – ohne dass auch nur ein Satz dieses Plans bekannt war – bereits von seinem Scheitern. Soll es etwa keine Friedensgespräche geben?
Seit heute Nacht liegt dieser Plan vor – und die Hauptkritik in unseren Medien lautet, er sei nicht ernst zu nehmen, da China keine neutrale Haltung in diesem Krieg eingenommen habe. Aber wer hat sich denn bei allen Beschlüssen in der UNO enthalten, statt der westlichen Forderung nach Verurteilung zu folgen? Wer nicht dem westlichen Narrativ folgt, ist nicht neutral – was für eine Logik?

Doch es gibt Hoffnung. Nicht nur hier in Kassel, heute und morgen gehen in Deutschland, in Europa und weltweit Menschen auf die Straße mit der Forderung „Waffenstillstand sofort, Nein zum Krieg, Ja zum Dialog“. Und sie sagen: „Lasst uns den Frieden gewinnen – nicht den Krieg!“
Das sind für mich hoffnungsvolle Signale, Signale auch für die Menschen in der Ukraine und allen Kriegsgebieten, Signale für die Kriegsverweigerer, dass ihnen keine Verfolgung mehr droht, Signale für die Geflohenen, wenn sie denn in ihre Heimat zurückkehren wollen.
Wenn die Stimmen der Völker lauter werden, müssen die Regierungen darauf reagieren.
In diesem Sinne: Lasst uns lautstark für Frieden eintreten!

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