8. Mai Ansprache Silvia Gingold

8. Mai 2024

Auf der Gedenkkundgebung am Ehrenmal für die Opfer des Faschismus in Kassel, zu der der DDG Kreis Kassel, das Kasseler Friedensforum, die NaturFreunde Kassel, Stolpersteine in Kassel e.V. und die VVN-BdA Kreisvereinigung Kassel eingeladen hatte und an der etwa 60 Personen teilnahmen, hielt Silvia Gingold, Tochter von Ettie und Peter Gingold, die in der französischen Resistance gekämpft hatten, nachfolgende Rede:

Foto: Klaus Brocke

„Die Befreiung! Der deutsche Faschismus endgültig zerschmettert, die Menschheit vor dem Untergang in die Barbarei gerettet! Ich hatte Tränen der Freude, aber auch der Trauer, wenn ich an all jene dachte, die ihr Leben für diesen Tag eingesetzt hatten, ihn aber nicht mehr erleben konnten.“ So erinnert sich mein Vater Peter Gingold an den Tag der Befreiung, den 8. Mai, den er in Turin unter den jubelnden Italienern erlebte.
Die Befreiung – es war der Sieg der Menschheit über die barbarischen Kriegsverbrechen der Nazis, den millionenfachen Mord, die systematische, menschenverachtende Massenvernichtung nach Plan. Auch einige meiner Familienangehörigen fielen diesem Naziterror in der Gaskammer von Auschwitz zum Opfer.
Den Jubel über den Untergang des mörderischen Nazistaates, wie ihn meine Eltern in Frankreich, mein Vater in Italien erlebt hatten, den hat es damals in Deutschland nicht gegeben. Nein, die Deutschen haben den 8.Mai nicht selbst herbeigeführt. Es waren die Kräfte der Antihitlerkoalition und die Kräfte des internationalen Widerstands, denen wir für ihren aufopferungsvollen Kampf um die Befreiung vom Faschismus zu Dank verpflichtet sind. Allein das sowjetische Volk opferte 27 Millionen Menschenleben.
Lange Zeit wurde nach dem Ende des Krieges in der Bundesrepublik Deutschland vom 8.Mai als Tag der Niederlage, des Zusammenbruchs, der Katastrophe, der dunkelsten Stunde deutscher Geschichte gesprochen.
Vor mehr als 40 Jahren erklärte meine Mutter dazu:
„Dieser Tag, von dem an keine Mutter mehr um ihre Kinder zittern, nicht mehr voller Ängste in die Luftschutzkeller rennen musste, das Ende des Inferno der explodierenden Bomben, keine Soldaten mehr in die Schlachtfelder und ins Massengrab getrieben, keine Transporte mehr in die Gaskammern von Auschwitz, der Tag, an dem sich die Tore der Zuchthäuser und Konzentrationslager öffneten, das Ende der Zuchthaus- und KZ-Qualen, keine Blutrichter mehr, die Todesurteile mehr fällen konnten. Das soll die dunkelste Stunde, die Katastrophe unserer deutschen Geschichte sein? Nein, wir haben allen Grund, diesen Tag zu feiern, der das dunkelste, das entsetzlichste, das schrecklichste Kapitel deutscher Geschichte beendete und uns das Kostbarste brachte – den Frieden.“

40 Jahre hat es gedauert, bis ein Bundespräsident, Richard von Weizsäcker, vom 8. Mai als „Tag der Befreiung“ sprach.
Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg, das schworen die Überlebenden des barbarischen NS-Regimes, das war der Grundkonsens nach dem Ende des Krieges 1945, der auch das Grundgesetz vor 75 Jahren prägte. Niemals mehr sollte von deutschem Boden ein Krieg ausgehen.
Als meine Eltern 1945 aus dem Exil in Frankreich, wo sie an der Seite der Résistance gegen Hitler kämpften, nach Deutschland zurückkehrten, hatten sie die Hoffnung, dass Rassismus, Nationalismus, Antisemitismus und Antikommunismus nie wieder fruchtbaren Boden finden würden.
Wie schnell waren ihre Illusionen zerplatzt. Sie haben es sich nicht vorstellen können, dass in unserem Land ehemalige Nazifunktionäre wieder Karriere machen könnten.
„Niemand von uns, den Überlebenden“, so mein Vater im Jahr 2005, „konnte sich vorstellen, dass es in diesem Land je wieder Aufrüstung, Militär, Militarismus, geschweige denn wieder deutsche Waffen und Soldaten in aller Welt geben könnte.
Mit „nie wieder Auschwitz“ wurde der Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999 legitimiert. Es war der erste Kriegseinsatz der Bundeswehr nach 1945. Seitdem zählen militärische Auslandseinsätze der Bundeswehr zur Normalität.
Die Deutschen haben aufgrund ihrer Geschichte eine besondere Verantwortung, nie wieder an Kriegen beteiligt zu sein und alles zu tun, sich für ihre Beendigung und für friedliche Lösungen einzusetzen. Stattdessen trägt unsere Regierung heute durch eine gigantische, nie dagewesene Aufrüstung und Waffenlieferungen in die Kriegsgebiete zur Eskalation der kriegerischen Konflikte in der Ukraine und in Nahost bei. Die beschlossenen 100 Milliarden für die Bundeswehr reichen manchen Politikern nicht mehr, schon ist von 300 Milliarden die Rede, um die Bundeswehr „kriegstüchtig“ zu machen und die Militarisierung voranzutreiben.
Die Deutschen haben angesichts ihrer Geschichte eine besondere Verantwortung und Verpflichtung für den Schutz jüdischen Lebens, für die Existenz und Sicherheit Israels. Unerträglich aber finde ich es, wenn Kriegsverbrechen an der palästinensischen Bevölkerung, als Antwort auf Verbrechen der Hamas, mit dem von Nazideutschland begangenen Völkermord an Juden legitimiert werden. Ich finde es unerträglich, wenn der Holocaust instrumentalisiert wird, wenn jede Kritik am Vorgehen des israelischen Militärs, wenn Proteste gegen die Jahrzehnte andauernde Besatzungspolitik und ihre bedingungslose Unterstützung durch die Bundesregierung, wenn alles dies als „antisemitisch“ kriminalisiert und zum Schweigen gebracht wird. Ich finde es unerträglich, wenn die Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung, die Zehntausende Opfer im Gaza zu beklagen hat, deren Infrastruktur im Gaza durch flächendeckende Bombardierung erbarmungslos zerstört wird, die Menschen von Hungersnot bedroht sind, wenn diese Solidarität mit dem Stigma des „Antisemitismus“ behaftet wird. Mitgefühl und Solidarität mit dem Leiden der palästinensischen Bevölkerung und ein Ende der Kriegshandlungen zu fordern, hat nichts mit Judenhass, nichts mit Antisemitismus zu tun. Es geht um Menschlichkeit, um ein friedliches, gleichberechtigtes und menschenwürdiges Leben der palästinensischen und der jüdischen Bevölkerung. Das kann niemals militärisch, sondern nur durch ein Ende der Besatzung erreicht werden.
Antisemitisch dagegen sind die Anschläge auf Synagogen, Schändung von Gedenkstätten und Stolpersteinen, Verharmlosung des Holocaust durch Neonazis und Politiker der AfD, für die die NS-Zeit ein „Vogelschiss der Geschichte“ und das Holocaust-Mahnmal „ein Mahnmal der Schande“ ist. Äußerungen von Politikern der AfD, die im Bundestag sitzen. Sie schüren mit ihren antisemitischen und rassistischen Äußerungen Hass auf Migranten und prägen ein Klima, das zur Aushöhlung des Asylrechts durch die Regierungsverantwortlichen geführt hat. Das Grundrecht auf Asyl ist ein Menschenrecht. Es war die Antwort auf den Faschismus, der viele Verfolgte in die Flucht aus Deutschland in andere Länder trieb, um den Mördern zu entkommen. In vielen Ländern fanden sie Asyl und solidarische Hilfe.
Heute, in einer Zeit zunehmender kriegerischer Konflikte und sozialem Elend treibt es immer mehr Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. Statt sich dem Schutz der Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, anzunehmen, werden an den EU-Außengrenzen, auch mit Zustimmung unserer Regierung, Ghettos errichtet, um Asylsuchende abzuwehren und zurückzuschicken. Wir dürfen nicht nachlassen, uns gegen dieses inhumane Vorgehen, gegen Rassismus und Ausgrenzung, gegen die menschenverachtenden Remigrationspläne rechter Kräfte zur Wehr zu setzen, so wie es zig Tausende Menschen vor ein paar Wochen auf den Straßen zum Ausdruck brachten. Denn, so mahnte mein Vater: „Die Faschisten sind nicht an die Macht gekommen, weil sie stärker waren als ihre Gegner, sondern weil wir uns nicht rechtzeitig zusammengefunden haben“.
Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus, der 8.Mai muss ein nationaler Feiertag werden. Wir brauchen keinen „Veteranentag“, an dem die Kriegseinsätze der Bundeswehrsoldaten geehrt werden.
Wir brauchen einen Tag der Hoffnung auf eine Welt ohne Krieg, Elend und Unterdrückung, so wie es die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano ausdrückte: „Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten… Am 8.Mai wäre dann die Gelegenheit, über die großen Hoffnungen der Menschheit nachzudenken: Über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit.“

Ansprache 1. Mai 2024 DGB Kulturfest

1. Mai 2024

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
dass ich eure verdiente Pause mit einer kurzen Ansprache störe, hat etwas damit zu tun, dass wir in etwa 6 Wochen wieder einmal eine entscheidende Wahl in unseren Landen haben, nämlich die Wahlen zum Europäischen Parlament.
Natürlich werde ich euch nicht zur Wahl einer der kandidierenden Parteien aufrufen – ich möchte nur dringend an euch appellieren, alles in eurer Macht stehende zu tun, im Betrieb, im gesellschaftlichen und familiären Umfeld, dass wir nicht wieder ein solches politisches Desaster wie bei den hessischen Landtagswahlen erleben. Ihr erinnert euch, dass die AfD – trotz politischer Aufklärungsarbeit von Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Initiativen – flächendeckend etwa 18% der Wählerstimmen erzielen konnte.
Weil wir nicht wollen, dass die extreme Rechte, dass Nazis wie Björn Höcke, sich durch diese Wahl gestärkt fühlen, dass sie uns als Wählerinnen und Wähler in Brüssel vertreten, obwohl ihnen Europa – mit Ausnahme der europäischen Finanzmittel für ihre Arbeit – „am Arsch vorbei geht“.

Im Frühjahr dieses Jahres haben auch in Nordhessen – und nicht nur in Kassel – viele Tausend Menschen gezeigt, dass sie in Sorge sind wegen der politischen Rechtsentwicklung. Diese Menschen zu mobilisieren ist eine lohnenswerte Herausforderung.
Das kann man beispielsweise mit der Aktion am kommenden Samstag auf dem Friedrichsplatz unter dem Motto „Platz nehmen für Demokratie“ tun, die auch vom DGB und vielen städtischen Institutionen unterstütze wird. Nehmt diese Gelegenheit zum Dialog wahr – unterstützt die demokratischen Kräfte in dieser Stadt.
Gegen die Geschichtsvergessenheit der extremen Rechten setzen wir unsere Erinnerungsarbeit. Auch in diesem Jahr laden wir zum 8. Mai unter der Forderung von Esther Bejarano „Der 8.Mai muss Feiertag werden!“ um 16:00 h zu einer Gedenkveranstaltung im Ehrenmal für die Opfer des Faschismus im Fürstengarten ein.
Mit beiden Aktionen könnt ihr ein sichtbares Zeichen der Kasseler Stadtgesellschaft gegen die Rechtsentwicklung setzen.

Doch nicht nur in unserem Land, auch in vielen europäischen Ländern besteht die Gefahr des Vormarsches der extremen Rechten. Daher hat die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) schon im Herbst vergangenen Jahres zu einer europaweiten Aktion „Keine Stimme der extremen Rechten!“ aufgerufen. In Deutschland und Österreich, in den Niederlanden, Belgien und Frankreich, in Italien und Spanien treten die antifaschistische Verbände gemeinsam unter dieser Losung an, um den Vormarsch der extremen Rechten in ihren Ländern zu stoppen.
Und wenn ich die Aktionen am vergangenen Donnerstag in Italien betrachte, wo hunderttausende für die Verteidigung der antifaschistischen Verfassung demonstrierten, oder die großartige Massendemonstration in Lissabon zum 50. Jahrestag der „Nelken-Revolution“, dann habe ich wieder Optimismus.
Ich habe in Lissabon erlebt, wie hunderttausende Menschen auf der Avenida de Liberdad, darunter viel junge Leute, fast fünf Stunden demonstrierten. Immer wieder war der Slogan zu hören „Fascismo nunca mais!“ – „Nie wieder Faschismus!“

In diesem Sinne wünsche ich mir, dass es uns gemeinsam gelingt – und dazu brauchen wir den Einsatz jedes Einzelnen – den Vormarsch der extremen Rechten hier in Hessen und in Europa zu stoppen.
Für ein friedliches, sozial gerechtes und demokratisches Europa aller Menschen.

Der 8. Mai muss Feiertag werden

29. April 2024

Hand in Hand gegen die AfD

3. Februar 2024

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Redebeitrag des Vertreters der VVN-BdA auf der Kundgebung auf dem Friedrichsplatz, 3.2.2024

Wir haben uns heute in so erfreulich großer Zahl versammelt, um uns der politischen Rechtsentwicklung und dem Vormarsch der AfD – auch in Hessen sichtbar entgegenzustellen.
Ich muss hier nicht wiederholen, was in den vergangenen Wochen alles über die menschenverachtende Ideologie und Politik der AfD über die Medien bekannt geworden ist. In der Vorbereitung auf den Landtagswahlkampf im Herbst letzten Jahres haben wir mit unserem Aktionsbündnis „noafd“ viele dieser Punkte bereits öffentlich angesprochen, leider mit deutlich weniger Resonanz als heute. Aber wenn die demokratische Öffentlichkeit jetzt deutlich hörbar ist, können wir alle nur zuversichtlich sein.
Vor einer Woche haben wir am Mahnmal „Die Rampe“ in einer symbolischen Gedenkveranstaltung sowohl an den 79. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die sowjetische Armee, als auch an den 80. Jahrestag der Durchbrechung der Blockade von Leningrad am 27. Januar 1944 erinnert. Wir protestierten dabei gegen die „Normalisierung“ des Umgangs der Kommunalpolitik mit der AfD, wenn z.B. im sächsischen Freital der Vertreter der AfD-Fraktion die Gedenkrede zum 27. Januar halten sollte. Ausgerechnet ein Vertreter der Partei, die mit Geschichtsvergessenheit, der Behauptung eines „Schuldkultes“ und Relativierung der NS-Verbrechen seit Jahren provoziert.
Als Antifaschisten nicht allein in Sachsen dagegen protestierten, war die hilflose Reaktion des Bürgermeisters, die geplante Kranzniederlegung ersatzlos abzusagen – nicht wegen des politischen Skandals, sondern – so seine Behauptung – weil die Sicherheit der Teilnehmenden nicht gewährleistet werden könne.
Dieser Vorgang zeigt deutlich, dass es nicht eines „hilflosen Herumeierns gegenüber der AfD“ bedarf, sondern klarer demokratischer Positionierung und das auch bezogen auf den Umgang mit Geschichte.
Und tatsächlich kann der Blick auf die Geschichte – auch der Lokalgeschichte – dazu beitragen, ein Bewusstsein für das notwendige Handeln gegen solche extrem rechten Vorstöße zu entwickeln.
Wir stehen hier auf dem Friedrichsplatz. Wer weiß aber schon, dass genau an dieser Stelle die ideologische Gleichschaltung im NS-Regime auch in Kassel ihren sichtbaren Ausdruck fand, als direkt vor der hier verorteten Landesbibliothek der „Kampfbund für deutsche Kultur“ am 19. Mai 1933 die Bücherverbrennung inszenierte? Damals wurden die Werke von marxistischen und jüdischen Autorinnen und Autoren und sogenannte „undeutsche“ Literatur öffentlich verbrannt, um sichtbar zu machen, was zukünftig nicht mehr gedacht und publiziert werden darf.
Und wer weiß schon, dass der Friedrichsplatz der symbolische Ort für die ideologische und praktische Kriegsvorbereitung des deutschen Faschismus war? Der Aufmarschplatz für die seit Mitte der 1930er Jahre in Kassel stattfindenden „Reichskriegertage“, auf denen die NS-Führung vor den Veteranen des Ersten Weltkrieges mehr oder weniger deutlich ihre Kriegsplanung propagierte. Ein Krieg, der diese Stadt in Schutt und Asche legte.
Da ich aber ein optimistischer Mensch bin, erinnere ich noch an ein drittes Ereignis hier auf diesem Platz, was uns ein wenig Mut machen kann.
Mitte Juli 1932 kamen hier 20.000 Menschen aus Kassel, Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, aber auch einige bürgerliche Demokraten, zusammen, um gemeinsam gegen eine Provokation der NSDAP-Fraktion um dem damaligen Kreisleiter Roland Freisler im Kasseler Stadtparlament zu protestieren. Historisch Versierte wissen, dass solche gemeinsamen Aktionen der Arbeiterorganisationen vor 1933 die Ausnahme waren. Aber das Beispiel zeigte, welch große gesellschaftliche Kraft die demokratische Bewegung in Kassel schon damals hatte, wenn sie denn – über ideologische Grenzen hinweg – gemeinsam handelt.
Und das ist die geschichtspolitische Lehre bis heute. Wenn wir das politische Vermächtnis der Überlebenden „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ ernst nehmen, dann bedeutet das auch, uns in großer Gemeinsamkeit der drohenden Gefahr von der extremen Rechten entgegenstellen.
Vielfach hört man die Losung „Nie wieder ist jetzt!“. Ich sage jedoch: „Nie wieder!“ gilt schon seit 1945. Das hat unsere Organisation, die von Frauen und Männern aus Widerstand und Verfolgung gegründet wurde, in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder öffentlich betont, auch als viele in der offiziellen Politik glaubten, abwiegeln zu können.
Nein, ich bin nicht froh, dass wir mit unserer Warnung Recht behalten haben! Aber ich bin froh, dass in den vergangenen Wochen so viele Menschen mit ihrem Handeln sichtbar gemacht haben, dass auch sie jetzt diese Gefahr erkennen und dagegen ein öffentliches Signal setzen wollen, so wie ihr, wie Sie alle heute auch – dafür herzlichen Dank.

27. Januar – Erinnerung an Auschwitz und Leningrad

27. Januar 2024

In diesem Jahr erinnerte die VVN-BdA Kassel mit einer symbolischen Aktion an dem Mahnmal „Die Rampe“ an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz und den 80. Jahrestag der Durchbrechung der Blockade der Stadt Leningrad am 27. Januar 1944.

Die Kundgebung an der Rampe. Foto: Klaus Brocke

Ulrich Schneider hielt für die VVN-BdA den nachfolgenden Redebeitrag:

Wir stehen hier am Mahnmal „Die Rampe“, was uns gemeinsam erinnert an die verheerendste Konsequenz der faschistischen Herrschaft in Deutschland und über Europa, nämlich an die industriell organisierte Massenvernichtung von Menschen, die nicht in die Rasse-Ideologie des deutschen Faschismus passten, Jüdinnen und Juden, Sintizze und Sinti, Romnja und Roma neben anderen Gruppen, die aus der faschistischen „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen waren oder als „Untermenschen“ stigmatisiert wurden.
Eine solche Verfolgung erlebten Millionen in allen vom deutschen Faschismus okkupierten Ländern und führte direkt in die Vernichtungslager, in denen sie ermordet wurden. Auschwitz war nur eines dieser Lager. Zu nennen sind Belzec, Chelmno, Groß-Rosen, Majdanek, Sobibor und weitere vor allem auf polnischem Territorium errichteten Vernichtungsanlagen.
Ihr tödlicher Betrieb endete erst, als es im Verlauf des Krieges den sowjetischen Streitkräften gelang, weiter nach Westen vorzustoßen. Den Schlusspunkt unter die industriellen Massenmorde setzte die Befreiung der verbliebenen Häftlinge des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die sowjetische Armee.
Der faschistische Vernichtungswille war damit aber noch nicht beendet, wie die zahllosen Kriegsende-Verbrechen zeigten, bei denen auch in Kassel noch im März 1945 über 100 Häftlinge und Zwangsarbeiter ermordet wurden.

Die Blockade von Leningrad
In diesem Jahr erinnern wir nicht nur an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, sondern auch an den 80. Jahrestag der Befreiung der Stadt Leningrad mit der Durchbrechung der Blockade durch die sowjetische Armee ebenfalls am 27. Januar, jedoch ein Jahr zuvor, 1944.

In den Welteroberungsplänen des deutschen Faschismus nahm der Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 einen besonderen Platz ein. Es ging um die Rohstoffreserven der UdSSR und die industriellen Kapazitäten im Westen der Sowjetunion. Im „Fall Barbarossa“ waren diese Ressource fest eingeplant, um einen Krieg gegen die UdSSR überhaupt führen zu können. Das nach Osten vorrückende Millionenheer sollte sich aus den Vorräten der örtlichen Bevölkerung versorgen und damit den dort lebenden Menschen, die als „slawische Untermenschen“ betrachtet wurden, die Lebensgrundlage nehmen. Zudem war es ein ideologisch motivierter Vernichtungskrieg gegen den „jüdisch-bolschewistischen“ Feind.

Ende August 1941 erreichten die faschistischen Heere Leningrad. Erobern konnten sie die Stadt nicht. Am 8. September wurde der Blockadering geschlossen. Damit war die Großstadt, in der damals rund drei Millionen Menschen lebten, im Süden durch deutsche Truppen und ihre Verbündeten, im Norden von finnischen Einheiten blockiert. Nur über den im Osten gelegenen Ladogasee konnten zeitweise und unter großen Gefahren Lebensmittel und andere Versorgungsgüter in die Stadt gebracht werden. Die Blockade von Leningrad und das Aushungern der Bewohner war Teil der verbrecherischen Kriegsführung der Nazis in Osteuropa, die mit dem Begriff „Vernichtungskrieg“ treffend charakterisiert wird. Vor über zwanzig Jahren sprach der Jenaer Historiker Jörg Ganzenmüller von einem „Genozid durch bloßes Nichtstun“. Tatsächlich starben mehr als eine Million Menschen während der Belagerung an Hunger und Mangelernährung. Zum Vergleich, auch in Auschwitz wurden im Rahmen der industriellen Massenvernichtung 1,1 Mio. Menschen ermordet.

Dennoch haben die Menschen in Leningrad knapp drei Jahre der faschistischen Bestie widerstanden und ein sichtbares Zeichen gesetzt, dass die „unbesiegbare“ Wehrmacht an ihre Grenzen stößt. Der Überlebenskampf der Einwohner und der sowjetischen Armee, die im Winter die Versorgung der Menschen über die zugefrorene Ostsee organisierte und die im Januar 1944 den Blockade-Ring sprengen konnte, sind unvergessen.

Fehlende Entschädigung
Ein ganz eigenes skandalöses Kapitel ist der Umgang mit den Opfern des faschistischen Vernichtungskrieges und ihren Angehörigen durch die Bundesrepublik Deutschland. Seit Jahrzehnten lehnt die Bundesregierung jegliche Zahlung individueller Entschädigungen an nichtjüdische Bürger der damaligen Sowjetunion bzw. des heutigen Russlands grundsätzlich ab.
In einem offenen Brief an die Bundesregierung vom Herbst letzten Jahres beklagen die letzten Überlebenden der Blockade: „Mittlerweile sind wir weniger als Sechzigtausend, alles Menschen verschiedener Nationalitäten, die die Gräuel der belagerten Stadt überlebten.“ Sie verurteilen die Weigerung Berlins, eine für jüdische Überlebende zugesagte Entschädigung „auf alle heute noch lebenden Blockade-Opfer ohne Ansehen ihrer ethnischen Zugehörigkeit auszuweiten“. Schließlich hätten die deutschen Hungermordpläne „keine Ausnahmen aufgrund von Nationalität“ vorgesehen. „Wir appellieren an die deutsche Bundesregierung, die einzig richtige Entscheidung nicht hinauszuzögern und die humanitären Auszahlungen auf ausnahmslos alle Blockade-Überlebenden auszuweiten.“ Soweit die Erklärung der Überlebenden.
Wir als VVN-BdA verbinden daher das heutige Gedenken zum 27. Januar mit der Erinnerung an die Opfer der Blockade von Leningrad und unterstützen die berechtigten Forderungen der Überlebenden

In diesem Zusammenhang möchte ich noch zwei weitere Gedanken anfügen.
Wir erleben nicht nur einen skandalösen Umgang mit der Entschädigung, sondern vergessen auch nicht die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die Erinnerung an diese Verbrechen des deutschen Faschismus.
Und wenn wir heute ganz selbstverständlich den Begriff der „Befreiung“ benutzen, dann erinnern wir auch daran, dass dieser Begriff jahrzehntelang für die bundesdeutsche Mehrheitsgesellschaft tabu war.
Die meisten Nachgeborenen wissen nicht mehr, dass es die Frauen und Männer aus Widerstand und Verfolgung, die Zeitzeugen, waren, die um diesen Begriff politisch gekämpft haben.
Erst 1985 benutzte zum ersten Mal ein deutscher Bundespräsident, nämlich Richard von Weizsäcker diese Begrifflichkeit als es um den 8. Mai 1945 ging. Bis dahin sprachen die meisten Politiker in der BRD von Niederlage, Kapitulation oder Katastrophe – aber nicht davon, dass an diesem Tag auch die deutsche Bevölkerung vom Faschismus befreit wurde, selbst diejenigen, die noch bis 5 Minuten nach 12 „in Treue fest“ mit dem NS-Regime verbunden waren.
Die Verbrechen von Auschwitz war man in Deutschland auch erst bereit anzuerkennen, als der Frankfurter Auschwitzprozess unwiderlegbare Beweise für Taten und Täter öffentlich machte.
Ja, Bundespräsident Roman Herzog erklärte als einer der ersten Vertreter eines Staates den 27. Januar – verbunden mit der Befreiung von Auschwitz – zum Gedenktag für alle Opfer des Nationalsozialismus. Aber bis heute vermisse ich eine klare Aussage der politisch Verantwortlichen, dass der 27. Januar auch der Gedenktag für die Opfer der Leningrad-Blockade sein müsste.

Und mein zweiter Gedanke fragt:
Was sind die politischen Konsequenzen für heute?
Wenn wir heute an der „Rampe“ an diese Ereignisse und die Opfer der faschistischen Massenverbrechen erinnern, dann können wir selbstverständlich nicht die Augen vor der heutigen Situation verschließen.
Die Massendemonstrationen der vergangenen Wochen, die großartige Aktion am vergangenen Samstag und die weiteren geplanten Aktionen zeigen uns, dass in Teilen der Bevölkerung das Erschrecken gegenüber der politischen Rechtsentwicklung und dem Vormarsch der AfD groß ist und man tatsächlich das Gefühl hat, man müsse etwas tun. Und das ist gut so.
Bei der hessischen Landtagswahl haben wir aber erlebt, dass es auch in unserer Stadt viele Menschen gibt, die sich überhaupt nicht mehr den gesellschaftlichen Debatten stellen, sondern ihrer diffusen Unzufriedenheit Raum geben, indem sie die extremen Rechten unterstützen.
Unsere Aufgabe ist es daher, immer wieder in der Öffentlichkeit – und auch mit einem solchen Gedenken – Zeichen zu setzen gegen den Vormarsch der AfD, die mit ihrem Geschichtsrevisionismus genau diese Erinnerungspolitik als „Schuldkult“ denunziert und ein anderes völkisch-nationalistisches Geschichtsverständnis etablieren will. Für uns gibt es keinen Zweifel: „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“.

Umso erschreckender ist es, dass z.B. im sächsischen Freital heute ein AfD-Vertreter im Kommunalparlament die „Gedenkrede“ zum 27. Januar halten soll oder an anderen Orten die AfD ganz offiziell Teil der städtischen Gedenkveranstaltungen sein soll. Natürlich kann ich es nur begrüßen, wenn sich AfD-Parlamentarier historische Wahrheiten über die Ergebnisse der faschistischen Herrschaft an der Macht anhören müssen. Aber es ist schiere Heuchelei, wenn man ihnen gestattet, sich der „gesellschaftlichen Trauer“ anzuschließen, solange ihre Repräsentanten demagogisch gegen den „Schuldkult“ vom Leder ziehen.

Die Enthüllung der Deportationspläne haben die menschenverachte Ideologie der AfD in den Fokus der öffentlichen Debatte gebracht, neu ist diese Erkenntnis jedoch nicht. Schon in ihrem Grundsatzprogramm ist sie als völkisch-nationalistische Partei zu erkennen. Daher verbinden wir unser historisches Gedenken der Opfer faschistischer Verbrechen mit der politischen Lehren des 27. Januar, die für uns bedeutet:
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!, wie es die Überlebenden 1945 sich versprochen haben.
Einzugreifen, wenn Menschen jüdischen Glaubens, Muslime, Roma und Sinti und andere, die nicht in das Weltbild von Nazis passen, beleidigt und angegriffen werden. Aber auch einzugreifen, wenn staatliche Stellen das Grundrecht auf Asyl und die Hilfe für Flüchtlinge unzulässig einschränken wollen.
Alles zu unterstützen, um die AfD und andere extrem rechte Propagandisten in ihren öffentlichen Auftritten einzuschränken. Und gesellschaftliche Gegensignale für eine demokratische, sozial gerechte und weltoffene Gesellschaft zu senden. Und dabei hilft auch unsere historische Erinnerungsarbeit!

27. Januar Gedenken in Kassel

22. Januar 2024

Auch wenn im Moment viele große und laute Aktionen gegen Rechts stattfinden – die beeindruckende Kundgebung am Samstag mit gut 15.000 Menschen, eine weitere Kundgebung am 3. Februar ist geplant – so sollten wir doch nicht die „leiseren“ Termine vergessen, wie z.B. den 27. Januar.
Da die Stadt bislang für 14:00 h nur eine Kranzniederlegung plant, laden wir als VVN-BdA zu einer kurzen öffentlichen Gedenkkundgebung an das Mahnmal „Die Rampe“ im Gelände der Universität Kassel ein:

Samstag, 27. Januar 2024, 11:00 – 12:00 h Moritzstraße (vor dem Lernzentrum)

Im Zentrum des diesjährigen Gedenkens steht neben der Erinnerung an Auschwitz auch der 80. Jahrestag der Befreiung der Stadt Leningrad aus der Blockade durch die Wehrmacht am 27. Januar 1944.
Am Ende können zum Gedenken einzelne Blumen an dem Denkmal „Die Rampe“ niedergelegt werden.

Am Nachmittag des 27. Januar soll ein Gedenken am Stolperstein für Paula Lohagen stattfinden. Geplant ist, ab 15 Uhr in der Innenstadt Stolpersteine zu putzen und dann um 16:30 vor dem Haus in der Gartenstraße zu einer kurzen Kundgebung zusammenzukommen.

Im Gedenken der Opfer der Novemberpogrome: Keine Toleranz gegen Neofaschismus und Antisemitismus!

24. Oktober 2023

Seit vielen Jahren erinnern wir öffentlich an die Reichspogromnacht 1938, die in Kassel bereits am 7. November 1938 „vor aller Augen“ stattfand. Sie war der grausame Höhepunkt von Ausgrenzung und Entrechtung und der letzte Schritt vor der Deportation der Kasseler Jüdinnen und Juden in die Ghettos und Vernichtungslager in der NS-Zeit. Mit diesem alljährlichen Gedenkgang halten wir die Erinnerung an Verfolgung und faschistischen Terror lebendig und setzen gleichzeitig ein Signal gegen Neofaschismus und Antisemitismus heute.
Und das ist dringender denn je: Die Ergebnisse der hessischen Landtagswahlen in Kassel haben gezeigt, dass rassistische Positionen von vielen Wahlberechtigten unterstützt werden. Der dramatische Krieg im Nahen Osten mit seinen mehreren tausend Opfern unter der Zivilbevölkerung verstärkt die Sorgen vor einer Zunahme des Antisemitismus.

Mit unserem traditionellen Gedenkgang und mit der Erinnerung an die lokale Geschichte wollen wir nicht nur ein sichtbares Zeichen des Gedenkens setzen, sondern auch deutlich machen:
In Kassel ist kein Platz für Neofaschismus, Rassismus und Antisemitismus!

Gedenkkundgebung und Mahngang
am Dienstag, den 7.November 2023, um 16.30 Uhr
Treffpunkt: Rathaus, anschließend Mahngang auf den Spuren der Erinnerung an Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung

Wir gratulieren Herta Belz zum 100. Geburtstag

4. Oktober 2023

Am 4. Oktober begeht unser Mitglied diesen Ehrentag. Geboren als Herta Hauptreif und aufgewachsen in einem proletarischen Elternhaus, war ihre Ablehnung des NS-Regimes vorgezeichnet. Als Jugendliche erlebte sie die Zerstörung ihrer Heimatstadt Kassel. Sie wusste, warum die Alliierten die Stadt bombardierten, arbeitete sie doch seit ihrer Lehre beim Waggon- und Panzerbau Wegmann.
Als nach der Befreiung trat sie 1945 in die IG Metall ein und wurde 1953 bei Wegmann in den Betriebsrat gewählt. Wegen ihrer klaren Haltung besaß sie großes Ansehen unter den Kollegen. Als der Betrieb wieder Rüstungsgüter produzierte, wurde sie im Oktober 1957 unter dem perfiden Vorwurf „Spionage für den Osten“ verhaftet und einen Monat eingesperrt. 1958 folgte die fristlose Kündigung.
Verheiratet war sie mit Willi Belz, einem kommunistischen Journalisten, der als Jungkommunist im Widerstand war und später an der Ostfront zur sowjetischen Armee überlief. Als er 1947 zurückkehrte, war seine Überzeugung, die ihn auch mit seiner späteren Frau Herta verband: „Nie wieder Krieg“. Gemeinsam standen sie die Zeit des KPD-Verbotes durch. Später traten sie der DKP bei. Schon vorher waren sie in der VVN aktiv und blieben dieser Überzeugung treu.
Nach Willis Tod blieb Herta engagiert. Noch vor 10 Jahren war sie als antifaschistische Zeitzeugin bei einer Gesprächsrunde zur Kasseler Bombennacht, 2015 sprach sie am 8. Mai beim Befreiungsfest auf dem Friedrichsplatz.

Klare Absage an eine Zusammenarbeit mit der AfD

3. Oktober 2023

Antifaschistische Wahlprüfsteine zur Landtagswahl
Anlässlich der Hessischen Landtagswahlen 2023 haben sich „Aufstehen gegen Rassismus“, D.O.R.N., OMAS GEGEN RECHTS und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen (VVN-BdA) Kassel mit Fragen an alle Direktkandidatinnen der im Landtag vertretenen demokratischen Parteien gewandt. „Wir bedanken uns bei der CDU, FDP, LINKEN und SPD, für ehrliche und ausführliche Antworten“, erklärte Dr. Ulrich Schneider, Sprecher des Bündnisses. „Besonders die LINKE war engagiert und schickte uns aus 5 Wahlkreisen Antworten. Enttäuscht sind wir von den fehlenden Antworten der Grünen, die die Chance vergaben, klare Kante gegen Rechts abzuliefern. Vielleicht erreichen uns ihre Antworten ja noch bis zur Wahl.“
Erfreut zeigte sich das Bündnis über die eindeutige Absage an eine Zusammenarbeit mit der AfD und die Zusage aller vier Parteien, Initiativen und Bildungsarbeit gegen Rassismus, Antisemitismus und extreme Rechte zu unterstützen.
Es überrascht nicht, dass bezogen auf die rechten Netzwerke in den Sicherheitsorganen gegensätzliche Positionen vertreten wurden. Nur die LINKE unterstützt die Auflösung des Verfassungsschutzes, wie sie von zahlreichen antifaschistischen und antirassistischen Initiativen gefordert wird. Kontrovers waren auch die Antworten zur weiteren Asylrechtsverschärfung. Nur die Kandidat*innen der LINKEN treten ein für eine Ausweitung des Schutzes von Geflüchteten, während die anderen Parteien – mit Modifikationen – die Verschlechterung des Asylrechts durch das Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) legitimieren.

Die Antworten sind aus zwei Gründen bedeutend, betonte Dr. Schneider: „Auch wenn wir in manchen Punkten sehr unterschiedlicher Meinung sind, ist ein Austausch und eine Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft wichtig.“ Man nehme die Antworten der Parteien ernst und werde sie – falls nötig – daran erinnern. „Denn wir verteidigen diese demokratische Gesellschaft und die Menschenrechte, die vor allem den Schwächsten dieser Welt zugutekommen sollen. Wir werden gemeinsam für eine solidarische Welt des Friedens und der Freiheit eintreten und rufen alle Menschen in Hessen dazu auf: Wählt am 8.10. demokratisch. Keine Stimme dem Hass, keine Stimme der AfD und anderen extrem rechten Parteien!“

Die vollständige Liste der Antworten der Parteien finden sich hier:

Was tun, wenn die AfD in Kassel provoziert?

20. September 2023

Laut und solidarisch gegen die AfD

Samstag, 23.09.23, Antifa Demo 9.45 Uhr Halitplatz, Gegenkundgebung 10.45 Uhr Opernplatz

Setzen wir in Kassel ein politisches Signal gegen die AfD!

Die AfD plant im Landtagswahlkampf auch in Kassel einen öffentlichen Auftritt. Sie möchte dabei das Bild einer „etablierten bürgerlichen Partei“ abgeben. Wer aber das Programm und die Kandidat*innen der AfD genauer betrachtet, erkennt, hier tritt eine im Kern faschistische Partei an.

Rassismus zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Wahlprogramm. Als Verursacher aller Probleme dieses Landes werden den Nicht-Deutschen angesehen. Selbst soziale Nöte, Wohnungsnot, Inflation und Abbau sozialer Leistungen wegen der Kosten für die Hochrüstung werden Migranten und Flüchtlingen angelastet. Wer sich hierbei an die faschistische „Volksgemeinschafts“-Ideologie erinnert fühlt, irrt nicht.

Während viele Menschen sich um den Erhalt der Umwelt und die Zukunft des Planeten Sorgen machen, lehnen AfD-Vertreter jegliche notwendigen Maßnahmen ab, als könnte die Klimakrise an den deutschen Außengrenzen gestoppt werden.

Selbst die angeblichen „Friedensparolen“ zum Ukraine-Krieg sind verbunden mit einem völkischen Nationalismus und einer Forderung nach Aufrüstung der Bundeswehr.

Mit ihrem Rassismus, Sexismus und ihrer Frauenfeindlichkeit steht die AfD gegen eine Gesellschaft, in der alle Menschen unabhängig von Herkunft, sexueller Identität, Religion oder Geschlecht solidarisch miteinander leben können.

Daher rufen wir dazu auf, eine politische Brandmauer gegen diese Partei zu errichten.

Wer AfD wählt, wählt Nazis – wir sagen Nein!

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