Eindrucksvolles Gedenken der Novemberpogrome in Kassel

8. November 2018

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Am 6. und 7.November fanden in Kassel zwei eindrucksvolle Veranstraltungen zum Gedenken der Judenpogrome 1938 statt.

Am 6. November trat Ester Bejerano, die Ehrenvorsitzende der VVN-BdA mit der Mikrophon Mafia zu einer Konzertlesung in der Crossjugend-Kirche auf Einladung der DGB-Jugend Region Nordhessen auf. 250 Besucher kamen zu dieser Veranstaltung. Das Publikum gehörte zur Hälfte der Generation 60+ und zur anderen Hälfte der jungen Generation an. Aber beide Gruppen waren emotional beeindruckt von der Authentizität des Auftretens von Esther Bejerano, die als junges Mädchen (Mädchenorchester von Auschwitz) das Vernichtungslager Auschwitz und das KZ Ravensbrück überlebt hatte und heute sich für Frieden und Antifaschismus engagiert. Nicht nur ihre Erinnerungen, auch die Botschaften für eine bessere Welt, wurden vom Publikum mit großer Zustimmung aufgenommen.

Am 7. November fand der traditionelle Rundgang der VVN-BdA und des Kasseler Friedensforums zum Gedenktag der Judenpogrome in Kassel statt. Knapp 50 Interessierte beteiligten sich im Laufe des Weges vom Platz der ehemaligen Synagoge durch die ehemalige Kasseler Altstadt, über den Universitäts-Campus bis zum Mahnmal “ Die Rampe“  am diesjährigen Gedenkgang. Ulrich Schneider erinnerte daran, dass die VVN-BdA nicht nur bei „runden Jubiläen“ diese Aktion durchführt, sondern seit über 20 Jahren „vor den Augen der Stadt“ die Erinnerung an diese Verbrechen wach hält. Er machte auch deutlich, wie mit den Pogromen der staatlich sanktionierte Raub jüdischen Eigentums einherging. Jochen Boczkowski erläuterte an verschiedenen Stolpersteinen in der ehemaligen Kasseler Altstadt die Rolle jüdischer Bürger in der Stadtgesellschaft und ihr Verfolgungsschicksal. Ein Mitglied der SDAJ zeigte bei der Zwischenkundgebung auf, dass die „Produktion“ von Sündenböcken nicht nur ein faschistisches Instrument der Ausgrenzung ist, sondern soziale Ungerechtigkeiten und Kapitalinteressen oftmals mit der gesellschaftlichen Stigmatisierung von Minderheiten einhergeht. Hiergegen müsse man sich gemeinsam wehren. An der Nora-Platiel-Straße erläuterte Ulrich Schneider die doppelte Verfolgung der Namensgeberin als Jüdin und als politische Gegnerin des NS-Regimes, die als ISK-Mitglied in das französische Exil gezwungen wurde. Silvia Gingold beendete den Rundgang am Mahnmal „Die Rampe“ von Nele Bode mit einer Ansprache, bei der sie ihre in Auschwitz ermordete Tante Dora Gingold zitierte und auf den  heutigen problematischen Umgang mit Flüchtlingen einging. Es ist ein politischer Skandal, dass in den letzten 15 Jahren mehr als 30.000 Menschen auf der Flucht an den Außengrenzen der EU ums Leben gekommen sind. Wer heute der Opfer der Novemberpogrome gedenkt, darf vor diesen Opfern die Augen nicht verschließen.