Eindrucksvolles Gedenken an Distomo zur documenta14 Eröffnung

10. Juni 2017

Die am 10. Juni 2017 eröffnete Kunstausstellung documenta14 hat das Motto „Von Athen lernen“. Das nahmen Antifaschisten der Kasseler documenta-Griechenland-Gruppe, des AK Distomo aus Hamburg und Berlin zum Anlass, am Eröffnungswochenende an die faschistischen Verbrechen von SS und Wehrmacht in Griechenland und die bis heute unbeglichene deutsche Schuld zu erinnern. Zwei zentrale Veranstaltungen waren geplant: Die Vorführung des Films von Stefan Haupt „EIN LIED FÜR ARGYRIS“ über das Schicksal von Argyris Sfountouris, der als knapp Vierjähriger das Massaker von Distomo und den Verlust seiner Familie miterleben musste, und eine Kundgebung zum Gedenken an die Opfer des SS-Massakers am folgenden Tag in der Kasseler Innenstadt.
Beide Veranstaltungen waren außerordentlich eindrucksvoll. Etwa 200 Interessierte kamen zur Filmvorführung und hatten die Gelegenheit, anschließend Argyris Sfountouris persönlich zu erleben. Er war auch am folgenden Tag der Hauptredner der Kundgebung zum Gedenken an Distomo. Auf Schildern zeigten die die Teilnehmenden die Orte der faschistischen Verbrechen in Griechenland. Viele Gäste der Eröffnung der documenta14 kamen zu dieser Aktion und nahmen Anteil an dieser Gedenkaktion. Im Mittelpunkt stand die Ansprache von Argyris Sfountouris, der neben seiner persönlichen Erinnerung an das Massaker auch eindringlich die politische Verantwortung der deutschen Regierung für die Wiedergutmachung der faschistischen Verbrechen betonte. Das Theaterprojekt Distomo aus Berlin präsentiert Ausschnitte seines dokumentarischen Theaterstücks über das Massaker. Zum Abschluss berichtete Martin Klinger vom AK Distomo in Hamburg noch einmal vom aktuellen Stand der juristischen Auseinandersetzung um die Frage der Wiedergutmachung und der politischen Verantwortung der Bundesregierung. Er kritisierte, dass Bundespräsident Steinmeier, der an diesem Tag die documenta14 eröffnete, als Außenminister große Verantwortung dafür getragen hat, dass jegliche deutsche Verantwortung für diese Verbrechen mit politischen Mitteln zurückgewiesen wurde.
In einer kurzen Grußansprache des Generalsekretärs der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR), Dr. Ulrich Schneider, wurde auch eine Verbindung zwischen Distomo und dem Massaker in Lidice, was sich 2017 zum 75. Mal jährt, hergestellt. Auch dort wurde lange Jahre die politische Verantwortung geleugnet, bis es gelang, dass die Bundesregierung bereit war, Wiedergutmachung und Aufarbeitung zu unterstützen. „Unser gemeinsamer politischer Druck muss dazu führen, dass eine solche Haltung bald auch gegenüber dem griechischen Volk eingenommen wird.“, forderte Ulrich Schneider in seinem Appell.
Nachdem anfangs die documenta14 das Thema Distomo überhaupt nicht berücksichtigt hatte, konnte Argyris Sfountouris am Abend des Tages im öffentlichen Programm der documenta14 „Parliament of Bodies“ seine Erfahrungen und politischen Forderungen vor einem internationalen Publikum präsentieren. Auch an dieser Stelle wurde sichtbar, dass Kunst in keiner Weise unpolitisch sein kann.