8. Mai 2025 Kassel

9. Mai 2025

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An die 200 Teilnehmer haben an der Feierlichkeit teilgenommen. Jenny Huschke hat eine kämpferische und gewohnt klare Ansprache gehalten mit starken Bezug zur Gegenwart. Für das Kasseler Friedensforum betonte Thomas Jansen-Hochmuth die friedenspolitische Bedeutung des 8. Mai1945.

Im Ehrenmal waren dann noch gut 150 Teilnehmer. Eingebettet in der Musik von Phillip Hofmann haben Silvia Gingold  (VVN-BdA) und Klaus Brocke (Stolpersteine in Kassel e.V.) geredet. Silvia hat aus dem Leben ihrer Mutter im Widerstand und die ersten Jahre eindrucksvoll berichtet. Rolf Wekeck hat aus seinem Buch die Kurzbiografie von Felix Blumenfeld vorgelesen. Eingeleitet wurde die Veranstaltung im Ehrenmal von den gemeinsam gesungenen Lieder „die Moorsoldaten“ und Bella Ciao.

Foto: Michael Schulze von Glaßer

Nachfolgend die Ansprache von Silvia Gingold im Ehrenmal

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Der 8.Mai 1945: Das Ende der faschistischen Barbarei, der Tag, an dem sich die Tore der Konzentrationslager und Zuchthäuser öffneten und die Todesqualen der Millionen beendete. Das Ende der Gaskammern, der Todesurteile, gefällt von Blutrichtern, das Ende explodierender Bomben, der Schlachtfelder, die Millionen von Soldaten in den Tod trieben – der Beginn des Friedens!

Es waren die Kräfte der Antihitlerkoalition und die Kräfte des internationalen Widerstands, die die Befreiung herbeiführten. Allein das sowjetische Volk opferte 27 Millionen Menschenleben. Es ist eine Schande, Vertreter des Volkes, das die größten Opfer im Kampf gegen den Faschismus brachte, von den offiziellen Feierlichkeiten zur Befreiung auszuschließen. Dazu erklärte die Internationale Widerstandsorganisation (FIR): „Wer glaubt, zwischen ‚guten‘ und ‚bösen‘ Befreiern unterscheiden zu können, der missbraucht die Erinnerung an den Tag der Befreiung für Zielsetzungen, die das Andenken an die Befreier beschädigen.“
 In vielen Länder, die sich gegen die Nazibesatzung wehrten, die an der Befreiung vom Faschismus mitwirkten, ist der 8.Mai ein Feiertag.  Es ist überfällig seit mehr als sieben Jahrzehnten, dass endlich dieser Tag der Befreiung auch bei uns zum nationalen Feiertag erklärt wird, wie es die Auschwitz Überlebende Esther Bejarano gefordert hat.

In der offiziellen Geschichtsdarstellung gibt es fast nur den Widerstand des 20. Juli, allenfalls noch die Weiße Rose der Geschwister Scholl. Bis heute ausgeblendet bleibt der Widerstand der Zehntausenden mutigen Frauen und Männer, zumeist aus der Arbeiterbewegung. Sie haben die Gräuel des faschistischen Terrors nicht hingenommen, sie haben sich gewehrt, von Anfang an.
 Unter ihnen viele mutige Frauen, meist politisch organisiert, insbesondere Kommunistinnen und Sozialdemokratinnen, Christinnen und andere humanistisch gesinnte Frauen. Sie alle verband der Wunsch nach Freiheit und die Sehnsucht nach Frieden.

Eine dieser Frauen war meine Mutter Ettie Gingold, als Jüdin und Kommunistin verfolgt, schloss sie sich dem französischen Widerstand gegen die Nazibesatzung an.

Meine Arbeit bestand darin, Verbindungen aufrechtzuerhalten, Kurierarbeit nannte sich das. In unserem illegalen Häuschen hatten wir auch eine primitive Abzugsmaschine aufgestellt. In einem Wandschrank habe ich die Schreibmaschine eingebaut, damit man von draußen nicht hören konnte, dass geschrieben wurde. So haben wir Flugzettel, Zeitungen und anderes Material hergestellt.

Darin haben wir die deutschen Soldaten aufgefordert, sich zurückzuziehen, nicht weiterzukämpfen, den Krieg zu beenden.

  • Ich bin jeden Tag nach Paris reingefahren. Mein Material war in Nudelpaketen und anderen Lebensmittelpackungen, verpackt. Für Wachsbogen, die man ja rollen musste, benutzten wir lange Spaghettischachteln. Das Ganze habe ich in ein Netz getan, so dass man sehen konnte, dass ich eben »Lebensmittel« transportierte.
     
    Man musste jeden Tag praktisch mit dem Leben abschließen. Wenn man auf die Straße ging, wusste man ja nicht, ob man wiederkommen würde, man konnte ja jederzeit verhaftet und deportiert werden. Besonders schlimm aber war für mich die Trennung von meinem Kind und meinem Mann. Ich wusste ja nie, wenn man mal wegging, ob man sich wiedersehen würde.

Als meine Mutter zusammen mit meinem Vater 1945 aus der Emigration nach Deutschland zurückkehrte, wollte sie und mit ihr viele überlebende Antifaschistinnen und Antifaschisten daran mitwirken, dass der Schwur von Buchenwald Wirklichkeit wird, den Nazismus mit seinen Wurzeln zu vernichten. Dass von deutschem Boden nie mehr Krieg ausgeht.

Meine Eltern haben es sich nicht vorstellen können, dass nach den Erfahrungen des grausamen und mörderischen Hitlerkrieges, am Ende des 20.Jahrhunderts deutsches Militär wieder an Kriegen, wie 1999 in Jugoslawien, beteiligt sein würde, dass militärische Auslandseinsätze der Bundeswehr zur Normalität würden.

Und heute wären sie entsetzt, darüber, dass 80 Jahre nach der Niederschlagung der deutschen Wehrmacht der Ruf nach Kriegstüchtigkeit, eine gigantische Hochrüstung, die Militarisierung unserer Gesellschaft, die Einstimmung der Bevölkerung auf Krieg, das öffentliche Leben bestimmen.

Sie wären entsetzt über das Erstarken faschistischer und antidemokratischer Kräfte in Europa und bei uns, über deren Verharmlosung und Relativierung der Naziverbrechen.

Und sie wären entsetzt über die menschenverachtende Asyldebatte, das bis zur Unkenntlichkeit verkümmerte Asylrecht, die rechtswidrigen Abschiebungen und Zurückweisungen, den Überbietungswettbewerb über die schärfsten Maßnahmen gegenüber Flüchtenden, die vor Krieg, Gewalt und Elend bei uns Schutz suchen.Als leidenschaftliche Friedenskämpferin auch nach dem Krieg erklärte meine Mutter am Antikriegstag 1983 in Frankfurt/M und im Bonner Hofgarten anlässlich der Stationierung von Atomraketen: Glaubt mir, ich sammle lieber Unterschriften gegen die Stationierung der Atomraketen, als große Reden zu halten.
 Während der Nazizeit haben wir niemals den Friedenskampf aufgegeben Im Krieg haben wir gegen den Krieg gekämpft, alles in Kauf nehmend, Not, Folter, Gefängnis. Mein damals zweijähriges Kind musste ich bei einer Bauernfamilie verstecken, um es vor Auschwitz, vor der Gaskammer zu retten.
 Wir, die noch in Freiheit lebenden Widerstandskämpfer wussten nicht,ob wir morgen in den Händen der SS sein werden.Da haben wir uns geschworen: Sollten wir überleben, wir werden alles tun, damit nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg, nie wieder ein Weltbrand von deutschem Boden ausgeht.
 Sofort nach 1945 entschieden wir uns dafür, der beginnenden Wiederaufrüstung entgegenzuwirken. Heute geht es darum, die Verwandlung unseres Landes in eine Abschussrampe für amerikanische Erstschlagwaffen zu verhindern.
 In die Friedensbewegung bringen wir unsere bitterste Erfahrung ein: Hitler, Krieg und Auschwitz waren möglich, weil die Antifaschisten, die Demokraten, die Sozialdemokraten und Kommunisten nicht zueinander gefunden haben. Erst im illegalen Widerstand, im Zuchthaus und KZ haben wir uns verständigt und niemanden mehr gefragt, wer er sei. Aber es war zu spät..
 Würden die Toten des Zweiten Weltkrieges auch nur einen Augenblick auferstehen können, es wäre ein einziger Aufschrei von Millionen: ‚Wiederholt unsere Fehler nicht, macht es besser als wir, steht zusammen. Erhaltet die Gemeinschaft Eurer Friedensbewegung, damit Ihr nicht wie wir zu einer Gemeinschaft von Toten werdet.‘
 Wir dürfen nicht auf die Politiker hoffen, wir müssen sie unter Druck setzen, wir müssen von ihnen fordern: Geben Sie für das Leben, was Sie für den Tod ausgeben!“

Diese Forderung meiner Mutter, Ich wiederhole sie heute nach über 40 Jahren: Geben Sie für das Leben, was Sie fürden Tod ausgeben!

8. Mai 1945 – 2025 – Erinnerung in Kassel

1. Mai 2025

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde,

bekanntlich ist nach dem 1. Mai vor dem 8. Mai, wo wir in diesem Jahr auch in Kassel an den 80. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg erinnern wollen. Nachdem alle politischen und organisatorischen Fragen geklärt worden sind, schicke ich euch den gemeinsamen Flyer von DGB Kreisvorstand Kassel, Kasseler Friedensforum, NaturFreunde Kassel, Stolpersteine Kassel e.V. und VVN-BdA Kassel, die als Veranstalter auftreten und die jeweils mit einem Redebeitrag auf der Veranstaltung vertreten sein werden.

Damit möglichst viele Menschen von dieser Veranstaltung erfahren – und dann hoffentlich auch kommen – schicke ich euch elektronisch die Einladung mit der Bitte, diese Einladung über eure Verteiler an einem möglichst großen Kreis von Interessierten weiterzuleiten. Es wäre schön, wenn es uns gelingt, an diesem Tag ein deutliches Signal in die Stadtgesellschaft zu senden, dass die Erinnerung an die Befreiung verbunden ist mit dem Versprechen, sich für das politische Vermächtnis der Überlebenden heute und zukünftig einzusetzen: „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln, Schaffung einer Welt des Friedens und der Freiheit“.

Eindrucksvolles Gedenken an die ermordeten Zwangsarbeiter

31. März 2025

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Am 30. März fand am Gedenkstein beim Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe die gemeinsame Gedenkveranstaltung von ANPI Frankfurt und VVN-BdA Kasel für die dort ermordeten 79 Zwangsarbeiter statt. In Ansprachen – unter ihnen eine Schülergruppe aus Frankfurt – wurde das Schicksal der Ermordeten nachgezeichnet und über die Täter berichtet. Gemeinsam wurde die Forderung erhoben, der 8.Mai muss Feiertag werden, wie es Esther Bejarano in ihrem eindringlichen Appell vor einigen jahren formuliert hat.

Zum Abschluss legten die Teilnehmenden Kränze zum Gedenken nieder.

Foto: Stephan Schimmelpfennig-Könen

Vor 80 Jahren: Mord an 79 Zwangsarbeitern am Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe

17. März 2025

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Gedenkveranstaltung am Sonntag, 30. März 2025 um 14:00 h

Kassel steht gegen Rechtsentwicklung

2. Februar 2025

Schon wieder können wir von einer großartigen Aktion der Kasseler Zivilgesellschaft gegen die Dammbrücke nach Rechts berichten. Laut Medienberichten haben am 2. Februar über 7.000 Menschen auf dem Königsplatz in Kassel gegen die Zusammenarbeit von CDU/CSU mit der AfD – unterstützt von FDP und weiteren Abgeordneten – in der Verschärfung der Migrationspolitik protestiert.

Die Redebeiträge von Kasseler gegen Recht, Seebrücke, Schwarzen Menschen in Deutschland, Omas gegen Rechts, DGB und DGB-Jugend machten sehr deutlich, dass es nicht nur ein Tabu-Bruch war, sondern es eine Frage des Politikwechsels ist. Angesichts der großen Zahl von Zuhörenden war die Lautsprecheranlage deutlich unterdimensioniert. Daher drucken wir nachfolgend den Redebeitrag des Vertreters der VVN-BdA Kreisvereinigung Kassel auf dieser Kundgebung ab.

Ansprache Kundgebung am 2. Februar 2025 (Königsplatz)
Nachdem meine Vorredner/innen schon hinreichend ihre Empörung über den skandalösen politischen Dammbruch im Deutschen Bundestag zum Ausdruck gebracht haben, möchte ich auf einen anderen Aspekt zu sprechen kommen, der deutlich macht, dass diese Entscheidung kein „Ausrutscher“ war, sondern der Versuch einer Abkehr von Grundprinzipien, für die wir als Demokraten uns seit vielen Jahren einsetzen.
Diese zurecht skandalisierte Zusammenarbeit mit der extremen Rechten läuft – leider viel zu wenig wahrgenommen – auch seit den letzten Wahlen auf europäischer Ebene. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wurde nicht nur mit den Stimmen der extremen Rechten in dieser Funktion bestätigt, vielmehr kann man von einer politischen Überzeugungsfreundschaft der Kommissionspräsidentin mit der italienischen Faschistin Giorgia Meloni (Fratelli d‘Italia) sprechen. Die italienische Regierungschefin gibt die Leitlinien in der Abwehr der Flüchtlinge von der „Festung Europa“ vor und die EU-Kommission winkt alle Maßnahmen, die dafür notwendig sind, durch. Zwar haben italienische Gerichte die Unterbringung von Asylsuchenden, die es bis Italien geschafft haben, in den Internierungslagern in Albanien untersagt, aber die Meloni-Regierung will es dennoch praktizieren. Die europäische Kommission hat mit nordafrikanischen Staaten vergleichbare Abkommen abgeschlossen, die darauf hinauslaufen, dass faktisch das europäische Asylrecht ausgehöhlt wird. Damit zerstört man eine der positiven Konsequenzen der Befreiung von Faschismus und Krieg vor 80 Jahren.
Vor wenigen Tagen erst hörten wir in Ansprachen zum 27. Januar 1945 salbungsvolle Worte. Wie notwendig die Erinnerung an die Verbrechen des Faschismus und die daraus folgende Konsequenz: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ seien. Wenn aber die Vertreter der politischen Klasse im praktischen Vollzug genau diesen Aussagen zuwiderhandeln, dann fragt es sich, wieso sollen junge Leute diese Verpflichtungen für sich annehmen und als Leitsatz für ihr zukünftiges Handeln in der Demokratie beherzigen?
Trotzdem bin ich optimistisch, wenn ich sehe, wie viele Tausend bereits am 18. Januar an der Demonstration und Kundgebung für Demokratie und Menschenrechte teilgenommen haben. Ich bin optimistisch, wenn ich an die eindrucksvolle Menschenkette zum Gedenken an den 27. Januar hier in Kassel denke. All das sind großartige Zeichen der Zivilgesellschaft, dass sie die historischen Lehren nicht vergessen wird.
Wäre es nicht an der Zeit, dass die Politiker aller demokratischen Parteien sich klar und eindeutig gegen rassistische und extrem rechte Positionen nicht nur aussprechen, sondern auch in diesem Sinne handeln?
Wer glaubt, die extreme Rechte für eigene Zwecke „benutzen“ zu können, der vergisst entscheidende Erfahrungen. Vor fünf Jahren meinte der FDP-Mann Kämmerich, Ministerpräsident von Thüringen werden zu können – von Höckes Gnaden. Das ging nach wenigen Tagen schief. Wer jedoch geglaubt hat, man könne ungestraft die AfD als Mehrheitsbeschaffer nutzen, der musste bei der letzten Landtagswahl in Thüringen erleben, dass diese Partei nunmehr die stärkste Kraft im Thüringer Landtag geworden ist und mit dieser Macht nun das parlamentarische Verfahren blockiert.
Und vor 92 Jahren musste man erleben, dass die Hitler-Hugenberg-Papen-Regierung, die von Reichspräsident Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933, ins Amt gehievt wurde, in der auch nur drei NSDAP-Minister waren, nicht durch die acht konservativen Regierungsmitglieder „eingehegt“ werden konnte. Die Folgen dieser dramatischen Fehleinschätzung muss ich hier sicherlich nicht ausführlich erläutern.
Für uns bedeutet es deshalb: Zivilgesellschaftlicher Protest ist unabdingbar gegen solche Zusammenarbeit mit der extremen Rechten.
In vielen Ländern Europas sehen wir gegenwärtig erschreckende Warnzeichen für die demokratische Entwicklung: Eine faschistische Regierung in Italien, ein Rechtspopulist in Ungarn an der Macht, in Österreich haben wir demnächst eine FPÖ dominierte Regierung. Gestern berichtete die Tagesschau, dass in Belgien die extrem rechte „Neue Vlaamse Allianz“, die rassistisch und separatistisch auftritt, den kommenden Regierungschef stellen wird. Und diese Liste ist leider nicht vollständig.
Tun wir also alles dafür, dass unser Land sich nach dem 23. Februar nicht in diese verhängnisvolle Entwicklung einordnet. Dafür brauchen wir nicht nur die Kreuze auf dem Stimmzettel, wir brauchen das Engagement aller Demokraten! Dafür brauchen wir euer Engagement
!

9000 in Kassel gegen Rechtsentwicklung – für Demokratie

18. Januar 2025

Am 18. Januar versammelten sich – laut Veranstaltern – 9000 Menschen vor dem Staatstheater in Kassel zu einer Kundgebung und einer anschließenden Demonstration durch die Innenstadt. Es war eine bunte und vielfältige Aktion, an der alle Generationen vertreten waren – von jungen Leuten bis zu den Omas gegen Rechts, von Gewerkschaftsgruppen bis zu Seebrücke – und natürlich Mitglieder der VVN-BdA.

Bei der Auftaktkundgebung konnte die VVN-BdA einen kurzen Redebeitrag halten, den wir hier dokumentieren, da aufgrund der großen Teilnehmendenzahl nicht alle die Rede hören konnten.

Der Frankfurter jüdische Kommunist und Résistance Kämpfer Peter Gingold betonte bei vielen seiner Zeitzeugengespräche als eine Lehre des Jahres 1933: Der Faschismus habe nicht deshalb gesiegt, weil er stärker war, sondern weil seine Gegner uneins gewesen seien. Für diese Uneinigkeit gäbe es nur eine Entschuldigung. Man habe damals nicht gewusst, was der Faschismus an der Macht bringen würde. Diese Entschuldigung gilt heute nicht mehr, heute könne und müsse jeder wissen, was Faschismus bedeutet. 

Das ist einer der Gründe, warum wir von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) immer wieder – und nicht nur anlässlich „runder Jubiläen“ – an historischen Gedenktagen öffentlich erinnern. Am 27. Januar, dem Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die sowjetische Armee 1945, am 7. November, der im Jahre 1938 in Kassel den Beginn der Reichspogromnacht markierte, jener Tag, wo vor den Augen der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt Rassismus und Antisemitismus gewalttätig vollzogen wurden, aber auch am 8. Mai, dem Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg – wurde doch an diesem Datum auch gezeigt, dass die Gefahr der nazistischen Barbarei durch das gemeinsame Handeln aller Antifaschisten besiegt werden konnte. Ich meine ausdrücklich nicht nur die Kampfeinheiten der Alliierten, sondern auch den Widerstand in allen vom deutschen Faschismus okkupierten Ländern und die Antifaschisten im Deutschen Reich selber.

Deshalb erinnern wir an die Frauen und Männer in unserer Stadt, die unter Gefahr für Freiheit, Gesundheit und selbst ihr Leben bereit waren, sich dieser Bedrohung schon vor 1933 und unter den Bedingungen der faschistischen Verfolgung entgegenzustellen. Selbst wenn dieser Kampf – im Sinne des Sturzes des NS-Regimes – nicht erfolgreich war, so zeigt er uns als Nachgeborene, dass es immer möglich war und ist, hörbar „Nein“ zu sagen, wenn Unmenschlichkeit, Kriegsvorbereitung und Zerstörung der Demokratie drohen.  

Wir haben schon in Redebeiträgen gehört, gegen welche Bedrohungen der Demokratie wir heute laut und vernehmlich „Nein“ sagen müssen. Dabei sind die treibenden Kräfte nicht allein die offenen Faschisten. Manchmal sind diese nur die lautesten Stichwortgeber. Es sind oftmals auch diejenigen, die in einer Art Überbietungswettbewerb z.B. bei der Verschlechterung des Asylrechtes – eine Konsequenz aus den Erfahrungen faschistischer Verfolgung – unsere demokratische Ordnung, wie sie im Grundgesetz und Hessischer Landesverfassung fixiert ist, in Frage stellen.

Mehrfach schon wurden Entscheidungen der Regierenden durch höchste Gerichte zurückgewiesen. Das sind gute Zeichen einer funktionierenden Demokratie. Aber wenn man den Blick über unsere Landesgrenze richtet, z.B. nach Italien, Polen und Ungarn, dann sehen wir, wie solche juristischen Schutzschilde von der extremen Rechten zerstört werden.

Das war schon früher so. Im Sommer 1932 wurde die preußische Minderheitsregierung durch die Reichsregierung abgesetzt. Die SPD rief den Staatsgerichtshof an, bekam nach Monaten tatsächlich Recht, aber die faktische Kontrolle über die preußische Polizei und den Staatsapparat übte zu diesem Zeitpunkt bereits die extreme Rechte aus, so dass das sozialdemokratische Preußen kein Bollwerk gegen den Vormarsch der Nazis sein konnte. Der Schutz der Demokratie – und das ist eine historische Schlussfolgerung – kann nur durch den aktiven Einsatz der Zivilgesellschaft erfolgen. Die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano betonte immer wieder, beim Kampf gegen die extreme Rechte könne man sich auf den Staat nicht verlassen. So wie wir heute zusammenstehen, so müssen wir auch weiter gemeinsam gegen die Gefahren der Rechtsentwicklung und für unsere Demokratie aktiv sein. Die VVN-BdA wird ihren Beitrag dazu leisten.

Auch 2025 – gemeinsam gegen Rechtsentwicklung

4. Januar 2025

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Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde,

Ein neues Jahr kommt – und die alten Probleme bleiben. In diesem Jahr muss es gelingen, im Zusammenhang mit der anstehenden Bundestagswahl, die politische Rechtsentwicklung in unserem Land, die auch von den Regierenden betrieben wird, und den Vormarsch der AfD als ein Ausdruck dieser Tendenz zu stoppen. Dazu bedarf es politischer Aufklärung und öffentlicher Aktionen. Daher hat sich die VVN-BdA Kassel entschieden, den Aufruf des Bündnisses „Kasselergegenrechts“ und weiterer Organisationen zu einer Kundgebung am Samstag, den 18. Januar 13:00 h auf dem Friedrichsplatz mitzutragen. Hier das Plakat für die gemeinsame Aktion:

Kassel kann hier zeigen, dass in dieser Stadt kein Platz zur Neofaschismus, Rassismus, Antisemitismus und antidemokratische Kräfte ist. Demokratie schützen heißt auch, die Grundrechte, die für alle hier lebenden Menschen gelten – egal welchen Pass oder Aufenthaltsstatus sie haben, zu verteidigen.

Gedenken der Pogromnacht in Kassel

7. November 2024

Wie in den vergangenen Jahren fand auch an diesem 7. November der Gedenkgang zur Reichpogromnacht in Kassel statt.

Schon am Tag zuvor fand im ORBIT (neben dem ehem. Polizeipräsidium im Königstor) ein Vortrag zur Judenverfolgung in Kassel bis zur Pogromnacht statt. Gut zwanzig Interessierte verfolgten die Informationen und kamen ins Gespräch.

Der Gedenkgang, der in diesem Jahr an der Gedenktafel für die ehemalige Synagoge begann und zum Kulturbahnhof führte, war ebenfalls gut besucht. An verschiedenen Stationen wurde an die Ausgrenzung und Verfolgung jüdischer Menschen erinnert. Auf dem Bild ist Jochen Boczkowski zu sehen, der einige Informationen zu den Familien sagte, an die an dieser Stelle (neben der Reuter Schule) mit Stolpersteinen erinnert wird.

Foto: Klaus Brocke

Gedenken der Pogromnacht in Kassel – Gedenkgang

29. Oktober 2024

Gedenken der Pogromnacht in Kassel – Veranstaltung zur Geschichte

29. Oktober 2024

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