Vor 80 Jahren: Mord an 79 Zwangsarbeitern am Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe

17. März 2025

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Gedenkveranstaltung am Sonntag, 30. März 2025 um 14:00 h

Kassel steht gegen Rechtsentwicklung

2. Februar 2025

Schon wieder können wir von einer großartigen Aktion der Kasseler Zivilgesellschaft gegen die Dammbrücke nach Rechts berichten. Laut Medienberichten haben am 2. Februar über 7.000 Menschen auf dem Königsplatz in Kassel gegen die Zusammenarbeit von CDU/CSU mit der AfD – unterstützt von FDP und weiteren Abgeordneten – in der Verschärfung der Migrationspolitik protestiert.

Die Redebeiträge von Kasseler gegen Recht, Seebrücke, Schwarzen Menschen in Deutschland, Omas gegen Rechts, DGB und DGB-Jugend machten sehr deutlich, dass es nicht nur ein Tabu-Bruch war, sondern es eine Frage des Politikwechsels ist. Angesichts der großen Zahl von Zuhörenden war die Lautsprecheranlage deutlich unterdimensioniert. Daher drucken wir nachfolgend den Redebeitrag des Vertreters der VVN-BdA Kreisvereinigung Kassel auf dieser Kundgebung ab.

Ansprache Kundgebung am 2. Februar 2025 (Königsplatz)
Nachdem meine Vorredner/innen schon hinreichend ihre Empörung über den skandalösen politischen Dammbruch im Deutschen Bundestag zum Ausdruck gebracht haben, möchte ich auf einen anderen Aspekt zu sprechen kommen, der deutlich macht, dass diese Entscheidung kein „Ausrutscher“ war, sondern der Versuch einer Abkehr von Grundprinzipien, für die wir als Demokraten uns seit vielen Jahren einsetzen.
Diese zurecht skandalisierte Zusammenarbeit mit der extremen Rechten läuft – leider viel zu wenig wahrgenommen – auch seit den letzten Wahlen auf europäischer Ebene. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wurde nicht nur mit den Stimmen der extremen Rechten in dieser Funktion bestätigt, vielmehr kann man von einer politischen Überzeugungsfreundschaft der Kommissionspräsidentin mit der italienischen Faschistin Giorgia Meloni (Fratelli d‘Italia) sprechen. Die italienische Regierungschefin gibt die Leitlinien in der Abwehr der Flüchtlinge von der „Festung Europa“ vor und die EU-Kommission winkt alle Maßnahmen, die dafür notwendig sind, durch. Zwar haben italienische Gerichte die Unterbringung von Asylsuchenden, die es bis Italien geschafft haben, in den Internierungslagern in Albanien untersagt, aber die Meloni-Regierung will es dennoch praktizieren. Die europäische Kommission hat mit nordafrikanischen Staaten vergleichbare Abkommen abgeschlossen, die darauf hinauslaufen, dass faktisch das europäische Asylrecht ausgehöhlt wird. Damit zerstört man eine der positiven Konsequenzen der Befreiung von Faschismus und Krieg vor 80 Jahren.
Vor wenigen Tagen erst hörten wir in Ansprachen zum 27. Januar 1945 salbungsvolle Worte. Wie notwendig die Erinnerung an die Verbrechen des Faschismus und die daraus folgende Konsequenz: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ seien. Wenn aber die Vertreter der politischen Klasse im praktischen Vollzug genau diesen Aussagen zuwiderhandeln, dann fragt es sich, wieso sollen junge Leute diese Verpflichtungen für sich annehmen und als Leitsatz für ihr zukünftiges Handeln in der Demokratie beherzigen?
Trotzdem bin ich optimistisch, wenn ich sehe, wie viele Tausend bereits am 18. Januar an der Demonstration und Kundgebung für Demokratie und Menschenrechte teilgenommen haben. Ich bin optimistisch, wenn ich an die eindrucksvolle Menschenkette zum Gedenken an den 27. Januar hier in Kassel denke. All das sind großartige Zeichen der Zivilgesellschaft, dass sie die historischen Lehren nicht vergessen wird.
Wäre es nicht an der Zeit, dass die Politiker aller demokratischen Parteien sich klar und eindeutig gegen rassistische und extrem rechte Positionen nicht nur aussprechen, sondern auch in diesem Sinne handeln?
Wer glaubt, die extreme Rechte für eigene Zwecke „benutzen“ zu können, der vergisst entscheidende Erfahrungen. Vor fünf Jahren meinte der FDP-Mann Kämmerich, Ministerpräsident von Thüringen werden zu können – von Höckes Gnaden. Das ging nach wenigen Tagen schief. Wer jedoch geglaubt hat, man könne ungestraft die AfD als Mehrheitsbeschaffer nutzen, der musste bei der letzten Landtagswahl in Thüringen erleben, dass diese Partei nunmehr die stärkste Kraft im Thüringer Landtag geworden ist und mit dieser Macht nun das parlamentarische Verfahren blockiert.
Und vor 92 Jahren musste man erleben, dass die Hitler-Hugenberg-Papen-Regierung, die von Reichspräsident Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933, ins Amt gehievt wurde, in der auch nur drei NSDAP-Minister waren, nicht durch die acht konservativen Regierungsmitglieder „eingehegt“ werden konnte. Die Folgen dieser dramatischen Fehleinschätzung muss ich hier sicherlich nicht ausführlich erläutern.
Für uns bedeutet es deshalb: Zivilgesellschaftlicher Protest ist unabdingbar gegen solche Zusammenarbeit mit der extremen Rechten.
In vielen Ländern Europas sehen wir gegenwärtig erschreckende Warnzeichen für die demokratische Entwicklung: Eine faschistische Regierung in Italien, ein Rechtspopulist in Ungarn an der Macht, in Österreich haben wir demnächst eine FPÖ dominierte Regierung. Gestern berichtete die Tagesschau, dass in Belgien die extrem rechte „Neue Vlaamse Allianz“, die rassistisch und separatistisch auftritt, den kommenden Regierungschef stellen wird. Und diese Liste ist leider nicht vollständig.
Tun wir also alles dafür, dass unser Land sich nach dem 23. Februar nicht in diese verhängnisvolle Entwicklung einordnet. Dafür brauchen wir nicht nur die Kreuze auf dem Stimmzettel, wir brauchen das Engagement aller Demokraten! Dafür brauchen wir euer Engagement
!

9000 in Kassel gegen Rechtsentwicklung – für Demokratie

18. Januar 2025

Am 18. Januar versammelten sich – laut Veranstaltern – 9000 Menschen vor dem Staatstheater in Kassel zu einer Kundgebung und einer anschließenden Demonstration durch die Innenstadt. Es war eine bunte und vielfältige Aktion, an der alle Generationen vertreten waren – von jungen Leuten bis zu den Omas gegen Rechts, von Gewerkschaftsgruppen bis zu Seebrücke – und natürlich Mitglieder der VVN-BdA.

Bei der Auftaktkundgebung konnte die VVN-BdA einen kurzen Redebeitrag halten, den wir hier dokumentieren, da aufgrund der großen Teilnehmendenzahl nicht alle die Rede hören konnten.

Der Frankfurter jüdische Kommunist und Résistance Kämpfer Peter Gingold betonte bei vielen seiner Zeitzeugengespräche als eine Lehre des Jahres 1933: Der Faschismus habe nicht deshalb gesiegt, weil er stärker war, sondern weil seine Gegner uneins gewesen seien. Für diese Uneinigkeit gäbe es nur eine Entschuldigung. Man habe damals nicht gewusst, was der Faschismus an der Macht bringen würde. Diese Entschuldigung gilt heute nicht mehr, heute könne und müsse jeder wissen, was Faschismus bedeutet. 

Das ist einer der Gründe, warum wir von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) immer wieder – und nicht nur anlässlich „runder Jubiläen“ – an historischen Gedenktagen öffentlich erinnern. Am 27. Januar, dem Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die sowjetische Armee 1945, am 7. November, der im Jahre 1938 in Kassel den Beginn der Reichspogromnacht markierte, jener Tag, wo vor den Augen der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt Rassismus und Antisemitismus gewalttätig vollzogen wurden, aber auch am 8. Mai, dem Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg – wurde doch an diesem Datum auch gezeigt, dass die Gefahr der nazistischen Barbarei durch das gemeinsame Handeln aller Antifaschisten besiegt werden konnte. Ich meine ausdrücklich nicht nur die Kampfeinheiten der Alliierten, sondern auch den Widerstand in allen vom deutschen Faschismus okkupierten Ländern und die Antifaschisten im Deutschen Reich selber.

Deshalb erinnern wir an die Frauen und Männer in unserer Stadt, die unter Gefahr für Freiheit, Gesundheit und selbst ihr Leben bereit waren, sich dieser Bedrohung schon vor 1933 und unter den Bedingungen der faschistischen Verfolgung entgegenzustellen. Selbst wenn dieser Kampf – im Sinne des Sturzes des NS-Regimes – nicht erfolgreich war, so zeigt er uns als Nachgeborene, dass es immer möglich war und ist, hörbar „Nein“ zu sagen, wenn Unmenschlichkeit, Kriegsvorbereitung und Zerstörung der Demokratie drohen.  

Wir haben schon in Redebeiträgen gehört, gegen welche Bedrohungen der Demokratie wir heute laut und vernehmlich „Nein“ sagen müssen. Dabei sind die treibenden Kräfte nicht allein die offenen Faschisten. Manchmal sind diese nur die lautesten Stichwortgeber. Es sind oftmals auch diejenigen, die in einer Art Überbietungswettbewerb z.B. bei der Verschlechterung des Asylrechtes – eine Konsequenz aus den Erfahrungen faschistischer Verfolgung – unsere demokratische Ordnung, wie sie im Grundgesetz und Hessischer Landesverfassung fixiert ist, in Frage stellen.

Mehrfach schon wurden Entscheidungen der Regierenden durch höchste Gerichte zurückgewiesen. Das sind gute Zeichen einer funktionierenden Demokratie. Aber wenn man den Blick über unsere Landesgrenze richtet, z.B. nach Italien, Polen und Ungarn, dann sehen wir, wie solche juristischen Schutzschilde von der extremen Rechten zerstört werden.

Das war schon früher so. Im Sommer 1932 wurde die preußische Minderheitsregierung durch die Reichsregierung abgesetzt. Die SPD rief den Staatsgerichtshof an, bekam nach Monaten tatsächlich Recht, aber die faktische Kontrolle über die preußische Polizei und den Staatsapparat übte zu diesem Zeitpunkt bereits die extreme Rechte aus, so dass das sozialdemokratische Preußen kein Bollwerk gegen den Vormarsch der Nazis sein konnte. Der Schutz der Demokratie – und das ist eine historische Schlussfolgerung – kann nur durch den aktiven Einsatz der Zivilgesellschaft erfolgen. Die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano betonte immer wieder, beim Kampf gegen die extreme Rechte könne man sich auf den Staat nicht verlassen. So wie wir heute zusammenstehen, so müssen wir auch weiter gemeinsam gegen die Gefahren der Rechtsentwicklung und für unsere Demokratie aktiv sein. Die VVN-BdA wird ihren Beitrag dazu leisten.

Auch 2025 – gemeinsam gegen Rechtsentwicklung

4. Januar 2025

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Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde,

Ein neues Jahr kommt – und die alten Probleme bleiben. In diesem Jahr muss es gelingen, im Zusammenhang mit der anstehenden Bundestagswahl, die politische Rechtsentwicklung in unserem Land, die auch von den Regierenden betrieben wird, und den Vormarsch der AfD als ein Ausdruck dieser Tendenz zu stoppen. Dazu bedarf es politischer Aufklärung und öffentlicher Aktionen. Daher hat sich die VVN-BdA Kassel entschieden, den Aufruf des Bündnisses „Kasselergegenrechts“ und weiterer Organisationen zu einer Kundgebung am Samstag, den 18. Januar 13:00 h auf dem Friedrichsplatz mitzutragen. Hier das Plakat für die gemeinsame Aktion:

Kassel kann hier zeigen, dass in dieser Stadt kein Platz zur Neofaschismus, Rassismus, Antisemitismus und antidemokratische Kräfte ist. Demokratie schützen heißt auch, die Grundrechte, die für alle hier lebenden Menschen gelten – egal welchen Pass oder Aufenthaltsstatus sie haben, zu verteidigen.

Gedenken der Pogromnacht in Kassel

7. November 2024

Wie in den vergangenen Jahren fand auch an diesem 7. November der Gedenkgang zur Reichpogromnacht in Kassel statt.

Schon am Tag zuvor fand im ORBIT (neben dem ehem. Polizeipräsidium im Königstor) ein Vortrag zur Judenverfolgung in Kassel bis zur Pogromnacht statt. Gut zwanzig Interessierte verfolgten die Informationen und kamen ins Gespräch.

Der Gedenkgang, der in diesem Jahr an der Gedenktafel für die ehemalige Synagoge begann und zum Kulturbahnhof führte, war ebenfalls gut besucht. An verschiedenen Stationen wurde an die Ausgrenzung und Verfolgung jüdischer Menschen erinnert. Auf dem Bild ist Jochen Boczkowski zu sehen, der einige Informationen zu den Familien sagte, an die an dieser Stelle (neben der Reuter Schule) mit Stolpersteinen erinnert wird.

Foto: Klaus Brocke

Gedenken der Pogromnacht in Kassel – Gedenkgang

29. Oktober 2024

Gedenken der Pogromnacht in Kassel – Veranstaltung zur Geschichte

29. Oktober 2024

Kassel setzt ein Zeichen

4. September 2024

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Am 4. September kamen – organisiert durch das Bündnis „Kasseler gegen Rechts“ – gut 500 Menschen vor dem Kasseler Rathaus zusammen, um gegen den Vormarsch der extremen Rechten nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen ein Zeichen für Demokratie zu setzen. Aufgerufen hatten verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter die VVN-BdA, von der zahlreiche Mitglieder auch an der Aktion teilnahmen.
Vor dem Rathaus sprachen ein Vertreter des DGB, von den „Omas gegen Rechts“ und des „Kasseler Bündnis gegen Rechts“. Sie alle beklagten nicht nur die dramatischen Ergebnisse der AfD in Thüringen und Sachsen, sondern benannten auch gesellschaftliche Ursachen und kritisierten die Politik der Bundesregierung und der CDU/CSU, die – statt der Hetze der AfD entgegenzutreten – das AfD-Narrativ bedienen und deren Themen in eigene Politik umsetzten.
An der Kundgebung nahmen Vertreter aller Generationen teil. Auffällig war das Fehlen der Kasseler politischen „Prominenz“. Kein Vertreter der Stadtregierung, nur wenige Abgeordnete des Stadtparlaments und Repräsentanten der etablierten „Stadtgesellschaft“ ließen sich bei dieser Aktion blicken.
Es war deutlich: Das Handeln gegen Rechts muss sich auf die Kasseler Zivilgesellschaft stützen. Sie muss auch in dieser Stadt, in der in einigen Stadtteilen die AfD ebenfalls auf 30% der Wählerstimmen kommt, politische Zeichen setzen.
Zum Abschluss ging es zum Halit-Platz. Der Ortsvorsteher des Stadtteils Kassel-Nordstadt konnte dort die Demonstrationsteilnehmer begrüßen.
Dank an alle Teilnehmenden dieser Aktion. Es war ein wichtiges Zeichen zur rechten Zeit.

Krieg begann in Kassel – auch in der Geschichte

31. August 2024

Am 31. August fand die Antikriegstags-Kundgebung mit guter Resonanz vor dem Kasseler Rathaus statt. Die Ansprache von Margot Käßmann, der Hauptrednerin, findet man auf der Homepage des Kasseler Friedensforums. Nachfolgend die Ansprache der VVN-BdA:

Mit Blick auf die aktuelle friedenspolitische Lage – nicht nur in der Ukraine oder im Israel-Gaza Krieg, sondern auch bei mehreren Dutzend militärischen Konflikten in der Welt, die aus der bundesdeutschen medialen Aufmerksamkeit verschwunden sind, fragt es sich, warum wir überhaupt an den 110. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges am 1. August 1914 und den 85. Jahrestag des Überfalls auf Polen, den Beginn des kriegerischen Teils des Zweiten Weltkrieges, erinnern. Erkennbar hat die Menschheit, haben die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker aus diesen historischen Erfahrungen wenig bis gar nichts gelernt.
Dennoch sollten wir, die Zivilgesellschaft an diese beiden Daten erinnern, weil sie uns auch in der heutigen Situation, in der Vertreter der Bundesregierung von „Zeitenwende“ und „Kriegstüchtigkeit“ sprechen, wichtige Erkenntnisse vermitteln können, wie solche kriegerischen Katastrophen vorbereitet wurden – und das auch in unserer Stadt.

Wenn ich an den Ersten Weltkrieg denke, dann reicht für historisch Kundige bereits das Stichwort Fritz Fischer-Debatte. Anfang der 1960er Jahren war es ein geschichtspolitischer Skandal, als der deutsche Historiker Fritz Fischer an Hand von Quellen aus der kaiserlichen Verwaltung belegen konnte, dass das wilhelminische Deutschland mit klarem Plan und sehenden Auges einen Krieg um den „Platz an der Sonne“ und die deutsche Weltmachtstellung vorbereitete. Es ging um Rohstoffe, Einflusszonen und die Vormacht in Mitteleuropa. Und nicht wenige dieser Planungstermine fanden hier in Kassel statt, im Schloss Wilhelmshöhe, in das der Kaiser seine militärischen Berater in seine „Sommerresidenz“ eingeladen hatte. Und es überrascht nicht, dass die militärisch geschlagene Generalität nach der Kapitulation 1918 wiederum im Schloss Wilhelmshöhe ihr Quartier aufschlug, als es um die Demobilisierung ging. Gelernt hatte dieser Generalstab aus der Niederlage und den verheerenden Konsequenzen des ersten Krieges nichts, wie das „Truppenamt“ der Reichswehr schon in der Weimarer Zeit bewies, als man sich bereits 1925 mit der Planung für den nächsten Krieg beschäftigte.

Wie dieser zweite Weg in den Krieg aussehen sollte, das hat die Hitler-Regierung schon 1933 mit der Reichswehrführung besprochen und in den folgenden Jahren mit Konsequenz umgesetzt.
Damit die Bevölkerung rechtzeitig und direkt in diese Kriegsvorbereitung eingebunden werden konnte, begann man schon 1933 mit einer ideologischen Einstimmung auf einen erneuten Waffengang. Dazu gehörte die Inszenierung „Luftschutz tut Not“ in der Karlsaue, bei der eine Pappmasche Silhouette der Kasseler Altstadt von Doppeldecker-Flugzeugen, die vom Fieseler-Flugfeld in Waldau aufgestiegen waren, mit Brandbomben zerstört wurde. Die Bürger wurden aufgefordert, auf ihren Dachböden Sandeimer und Feuerpatschen als „Luftschutz-Maßnahme“ bereitzustellen.
Während die Kriegswaffen- und Panzerproduktion in Kasseler Betrieben vor allem von den Beschäftigten wahrgenommen wurde, die Rüstungskonjunktur führte auch hier zu Vollbeschäftigung, zielten die jährlichen „Reichskriegertage“ auf die öffentliche Kriegseinstimmung. Die dort vertretenen Botschaften waren klar: Deutschland erwarte „Gleichberechtigung“, was faktisch meinte, dass die Verantwortung für den Ersten Weltkrieg aus dem öffentlichen Bewusstsein eliminiert werden sollte. Die Mächte des „Völkerbundes“ sollten die Militarisierung akzeptieren, gleichzeitig wurde die „Rückgabe deutscher Gebiete“ gefordert, was nichts anderes bedeutete als expansionistische Gebietsansprüche gegen fast alle Nachbarstaaten.
Zu diesen „Reichskriegertagen“ trafen sich auf dem Friedrichsplatz mehrere tausend Veteranen des ersten Weltkrieges und Einheiten der militärischen NS-Verbände zu großen öffentlichen Aufmärschen. Im Frühjahr 1939 fand der erste „großdeutsche Reichskriegertag“ statt, zu dem die Nazi-Regierung auch Diplomaten aus Berlin nach Kassel einlud, um ihnen diese „Heerschau“ zu präsentieren. Selbst Hitler ließ es sich nicht nehmen, anzureisen und in seiner Ansprache zu verkünden, nach dem Anschluss Österreichs, des Sudentengebietes und der Rest-Tschechei seien eigentlich alle territorialen Ansprüche erfüllt, Polen müsse nur noch die Frage des „Korridors“ und des Status der „Freien Stadt Danzig“, die jedoch unter Völkerbund-Kontrolle stand, im Sinne Deutschlands klären.
Wir wissen heute, dass zum Zeitpunkt dieser Rede im Generalkommando der Wehrmacht – und zwar hier in Kassel, in dem Protzgebäude am Bahnhof Wilhelmshöhe – der Kriegsplan gegen Polen, der „Fall Weiß“, bereits fix und fertig vorlag. Es war also niemals an eine „friedliche Lösung“ gedacht.
Die Konsequenzen des Krieges für unsere Stadt kennt ihr alle. Das Bombardement vom 22./23. Oktober 1943 war zwar das schwerste, aber nicht der letzte alliierte Bombenangriff auf die Stadt und seiner Einwohner. Die Innenstadt, die Altstadt der damaligen „Gauhauptstadt Kassel“ existierte anschließend nicht mehr.
Wenn wir uns an diese historischen Erfahrungen erinnern, dann ist es nachvollziehbar, dass es schon in den 1950er Jahren in dieser Stadt demonstrative Aktionen gegen Remilitarisierung und Rüstungsproduktion oder gegen Sprengschächte in Brücken und Hauptverkehrsstraßen gab. Es waren Arbeiterorganisationen und die Zivilgesellschaft, die in Kassel Verantwortung für den Frieden übernahmen. Daran zu erinnern heißt heute, uns klarzumachen, welche Verantwortung wir haben.
Das Thema Frieden ist viel zu wichtig, als dass wir es Politikern, Rüstungsprofiteuren oder gar dem Militär überlassen dürfen.
Frieden und Völkerverständigung sind und bleiben unsere Aufgabe.

Antikriegstag 2024 – wichtiger denn je

11. August 2024

Kundgebung Samstag, 31. August 2024, 12:00 h Rathaus, Kassel
Programm:
Begrüßung und kurze Redebeiträge
Hauptrednerin: Margot Käßmann,
(ehemalige Bischöfin und Ratsvorsitzende der EKD)
kulturelle Beiträge Sabine Wackernagel (Kasseler Schauspielerin)
musikalische Begleitung Dylans Dream

Vor 110 Jahren begann der Erste Weltkrieg. Am 1. September 1939, also vor 85 Jahren, begann mit dem Überfall Nazideutschlands auf Polen der Zweite Weltkrieg. Diese Jahrestage sind für uns nicht nur historische Erinnerung. Sie fordern unserer Ansicht nach politische Konsequenzen für eine friedliche Entwicklung in der Welt.
Angesichts der Eskalation der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten warnen politische Beobachterinnen und Beobachter vor der wachsenden Gefahr eines internationalen Krieges. Zudem erleben wir eine zunehmende Militarisierung der Gesellschaft. Wir lehnen die Wiedereinführung
der Wehrpflicht ab. Die Politik bemüht mehr und mehr und mehr Kriegsrhetorik. Und die Bundeswehr geht in Schulen verstärkt auf Schülerinnen und Schüler zu, um für sich und Nachwuchs zu werben. Rüstungsproduktion gilt – nicht nur in Kassel – als aufstrebender Wirtschaftsfaktor. Milliarden-Beträge der öffentlichen Haushalte werden für Waffen und Munition ausgegeben, statt sie in die täglich brüchiger werdende Öffentliche Daseinsvorsorge zu investieren.
Wir kritisieren nicht nur zunehmende Militarisierung und Kriegsgefahr. Wir wollen Frieden
neu denken!
Schon im vergangenen Jahr forderten die Gewerkschaften, die öffentliche Debatte über immer mehr Waffen endlich zu beenden und die Suche nach diplomatischen Lösungen in den aktuellen Kriegen zu verstärken. Die Friedenskräfte formulieren positive Visionen, wie aus der Spirale der Eskalation und der Militarisierung ausgebrochen werden kann. Wir treten gemeinsam für eine friedliche und solidarische Gesellschaft ein. Das bedeutet: das 100 Mrd. Euro umfassende Sondervermögen wäre in der öffentlichen Daseinsvorsorge, in Bildung und Betreuung, im Gesundheitssystem und in der Pflege, in Verwaltung und Infrastruktur zukunftsweisender angelegt.
Wir treten dafür ein, Leidtragenden von Kriegen und Gewalt Hilfe und Unterstützung zu gewähren, Kriegsverweigerer haben ein Recht auf Asyl. Deshalb wenden wir uns gegen Forderungen nach Rückführung – nicht nur – ukrainischer Kriegsflüchtlinge. Damit betreibt man AfD-Politik auf dem Rücken derer, die unseren Schutz brauchen, den wir ihnen im Sinne internationaler Konventionen gewähren. Mehr noch, die Kommunen brauchen ausreichend Unterstützung, um gelingende Integration gestalten zu können.
Der Antikriegstag 2024 zeigt, „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ bleibt aktuell!

Veranstalter: DGB Kreisverband Kassel, Kasseler Friedensforum, NaturFreunde Kassel, VVN-BdA Kreisvereinigung Kassel

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