Friedenskundgebung in Kassel
24. Februar 2023
Über hundert Menschen versammelten sich am Freitag, den 24. Februar am Friedrichsplatz, um die Forderung „Stoppt das Töten in der Ukraine“ mit aller Klarheit zu Gehör zu bringen. Bei dieser Kundgebung wurden in den verschiedenen Redebeiträgen sehr unterschiedliche Perspektiven formuliert – ihnen allen war jedoch gemeinsam, dass der Krieg in der Ukraine nur durch Dialog und Verhandlungen mit einem sofortigen Waffenstillstand im Interesse der Menschen beendet werden kann. Auf der Kundgebung hat der Vertreter der VVN-BdA Kreisvereinigung Kassel den nachfolgenden Redebeitrag gehalten:
Schon im November vergangenen Jahres haben in zahlreichen europäischen Städten – und auch hier in Kassel – Friedenskräfte auf den Straßen lautstark die Forderung erhoben
• sofortiger Waffenstillstand, stoppt das Töten in der Ukraine,
• keine weiteren Waffenexporte in das Kriegsgebiet,
• stattdessen Diplomatie zur Beendigung der Kampfhandlungen.
Das war unser Zeichen der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und allen von den Auswirkungen des Krieges betroffenen Völkern.
Ihr alle wisst es, unsere Forderungen wurden als „illusionär“ oder „weltfremd“ zurückgewiesen. Stattdessen wurde mit der Zusage der Bundesregierung für Waffenexporte in die Ukraine – insbesondere der Lieferung von Leopard 2–Panzern, die Verlängerung der Kämpfe angekündigt.
Diplomatische Initiativen zur Beendigung des Krieges?
Leider Fehlanzeige.
Begründet werden die Waffenlieferungen immer wieder mit dem Hinweis, nur so sei es der Ukraine möglich, sich gegen die russische Aggression zu verteidigen. Man tut so, als bedürfe es nur der Lieferung weiterer Panzer, um der Ukraine zum „Sieg“ zu verhelfen, was ja Präsident Selenskij in seiner Neujahrsbotschaft seinen ukrainischen Landsleuten versprochen hatte.
Wie aber sieht die Wirklichkeit aus?
Die US-Nachrichtenagentur Bloomberg listete Mitte Januar auf, dass die Verbündeten der Ukraine bereits jetzt mehr als 4.000 gepanzerte Fahrzeuge, Artilleriegeschütze, Flugzeuge und andere Waffensysteme zur Verfügung gestellt haben. Darunter seien 410 Panzer aus der Sowjetzeit zumeist T 72, die von NATO-Mitgliedern im ehemaligen sozialistischen Lager, darunter Polen, Tschechien und Slowenien, geliefert wurden. Außerdem wurden geliefert: 300 Schützenpanzer, 1.100 gepanzerte Mannschaftstransporter, 925 Minen widerstehende und Hinterhalt-geschützte Fahrzeuge, 1.540 Geländefahrzeuge, 300 bugsierte Haubitzen, über 400 Selbstfahrlafetten, 95 Mehrfachraketenwerfer, 18 Erdkampfflugzeuge vom Typ Su-25, 20 Hubschrauber vom Typ Mi17, weitere elf Hubschrauber sowjetischer Bauart, drei Hubschrauber vom Typ Westland Sea King, sechs Kamow-Hubschrauber, mehr als 30 Drohnen vom Typ Bayraktar TB2 und 415 Aufklärungsdrohnen.
Nein, ich habe diese lange Liste nicht vorgetragen, weil ich ein Waffennarr bin, sondern weil Bloomberg mit dieser Auflistung verbreitete, um die breite militärische Unterstützung der westlichen Staaten für die ukrainische Kriegsführung nachzuweisen.
Doch scheinen diese Lieferungen für die ukrainische Regierung vielmehr Ansporn zu weiteren Forderungen zu sein. Peinlich berührt mussten selbst wohlwollende Politiker am letzten Wochenende auf der Münchener Sicherheitskonferenz vom ukrainischen Regierungsvertreter dessen Forderung nach Lieferung von Splitterbomben und Streumunition hören – eine Waffenart, die wegen ihrer verhängnisvollen Wirkung auf die Zivilbevölkerung von den Vereinten Nationen seit vielen Jahren geächtet ist.
Aus meiner Sicht zeigt die Liste von Bloomberg aber etwas viel Wichtigeres: Sie ist ein Beweis für unsere Aussage, dass Waffen niemals Frieden bringen können, sondern nur Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien. Glauben die kriegsführenden Politiker allen Ernstes, 40 neue Panzer würden die Wende im Krieg bringen? Nein, man fordert bereits 400 – wohl wissend, dass die Lieferung einer solchen Zahl mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen wird.
Will man das Töten zulasten aller Menschen in den Kriegsgebieten so viele Monate verlängern?
Inzwischen mehren sich weltweit die Stimmen der Vernunft, selbst ehemalige Militärs und Diplomaten, die einen sofortigen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen und die Aufnahme von Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien fordern.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang noch einmal an den Aufruf des Weltveteranenverbands (WVF) und der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) vom November 2022:
„Waffen werden niemals Frieden bringen, Diplomatie und Verhandlungen sind der einzige Weg. Dies ist vor allem notwendig, um das Leben der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten zu retten.
Darin sehen wir uns auch in Übereinstimmung mit Papst Franziskus, der eindringlich vor der Gefahr eines Atomkrieges gewarnt hat, der nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch für alle europäischen Länder und erst recht für die gesamte Menschheit katastrophale Folgen haben wird.“
Die Friedenskräfte appellieren international an Russland und die Ukraine, die Vermittlungs- und Dialogangebote der Vereinten Nationen und weiterer Staaten anzunehmen. Dies ist der einzige Weg, den Krieg zu beenden und Menschenleben zu retten. Wir begrüßen die Position der lateinamerikanischen Staats- und Regierungschefs auf dem CELAC-Gipfel in Argentinien, die den Grundsatz „Nein zum Krieg und Ja zum Dialog und zur Zusammenarbeit“ bekräftigt haben.
Dass solche Initiativen in vielen unserer Medien arrogant abgetan wurden, ist erschreckend. Selbst über den in München angekündigten chinesischen Friedensplan sprachen Medien – ohne dass auch nur ein Satz dieses Plans bekannt war – bereits von seinem Scheitern. Soll es etwa keine Friedensgespräche geben?
Seit heute Nacht liegt dieser Plan vor – und die Hauptkritik in unseren Medien lautet, er sei nicht ernst zu nehmen, da China keine neutrale Haltung in diesem Krieg eingenommen habe. Aber wer hat sich denn bei allen Beschlüssen in der UNO enthalten, statt der westlichen Forderung nach Verurteilung zu folgen? Wer nicht dem westlichen Narrativ folgt, ist nicht neutral – was für eine Logik?
Doch es gibt Hoffnung. Nicht nur hier in Kassel, heute und morgen gehen in Deutschland, in Europa und weltweit Menschen auf die Straße mit der Forderung „Waffenstillstand sofort, Nein zum Krieg, Ja zum Dialog“. Und sie sagen: „Lasst uns den Frieden gewinnen – nicht den Krieg!“
Das sind für mich hoffnungsvolle Signale, Signale auch für die Menschen in der Ukraine und allen Kriegsgebieten, Signale für die Kriegsverweigerer, dass ihnen keine Verfolgung mehr droht, Signale für die Geflohenen, wenn sie denn in ihre Heimat zurückkehren wollen.
Wenn die Stimmen der Völker lauter werden, müssen die Regierungen darauf reagieren.
In diesem Sinne: Lasst uns lautstark für Frieden eintreten!