Herta Belz im Alter von 101 Jahren verstorben

8. August 2025

Schon im Juli des Jahres ist Herta Belz, Witwe von Willi Belz und langjähriges Mitglied der VVN-BdA, im Alter von 101 Jahren in Kassel verstorben.

Viele Jahrzehnte war sie in Kassel eine bekannte Persönlichkeit, nicht nur als Ehefrau von Willi Belz, sondern auch selber als Kommunistin und Antifaschistin.

Manch einer wird sich erinnern, dass sie in der Zeit der Remilitarisierung ihre Arbeit als Verwaltungsangestellte bei Wegmann verlor, weil sie als Kommunistin aus der Sicht des Unternehmens und der Sicherheitsbehörden nicht die Gewähr dafür bot, dass die Aufrüstung ungestört durchgesetzt werden konnte.

Auch wenn sie sich niemals in den Vordergrund gedrängt hat, so wurde sie in den letzten Jahrzehnten häufig als Zeitzeugin befragt und konnte ihre Erfahrungen an die nachgeborenen Generationen weitergeben. Wir erinnern uns besonders an das gemeinsame Zeitzeugengespräch, was sie zum 70 Jahrestag der Befreiung gemeinsam mit Jochen Boczkowksi beim Friedensfest auf dem Kasseler Friedrichsplatz führte. Ihre bescheidene, aber gleichermaßen eindrucksvolle Schilderung damals wird vielen Zuhörenden in Erinnerung geblieben sein.

Herta Belz zusammen mit Edeltraud und Jochen Boczkowski am 8. Mai 2015

Wir sind traurig über diesen Verlust, freuen uns aber, dass sie bis auf wenige Monate ihren Lebensabend politisch bewusst und bei klarem Verstand verbringen konnte. Ihren 100. Geburtstag feierte sie noch in der angestammten Wohnung, erst danach ging sie in ein betreutes Heim.

Wir werden sie in guter Erinnerung bewahren.

Dr. Ulrich Schneider, für die VVN-BdA, Kreisvereinigung Kassel

Zur Diskussion: Präambel für das Aktionsprogramm

29. Juli 2025

In der Debatte der Kreismitgliederversammlung wurde festgestellt, dass die Beschreibung „Welt im Umbruch“ im Aktionsprogramm nur unzureichend der veränderten Wirklichkeit gerecht wird. Da wir uns in der MV nicht auf einen gemeinsamen Text für einen Änderungsantrag verständigen konnten, aber die dort geäußerten Überlegungen für eine inhaltliche Beschreibung der Veränderungen wichtig finden, haben wir beschlossen, die nachfolgenden Überlegungen als Teil des Diskussionsangebotes zu veröffentlichen.

Der Sieg über den Faschismus 1945 war die Chance einer antifaschistisch-demokratischen Zukunft

80 Jahre danach leben wir in einer Welt der zivilisatorischen Degeneration, der Barbarei, der Verantwortungslosigkeit.

Der Thomas Münzer der Bauernrevolte und der François Noël Babeuf, Verschwörer der Gleichen und Frühsozialist in der Französischen Revolution wurden endlich restlos verschlungen – die Aufklärung ist als tragende Säule unseres Zusammenlebens abhanden gekommen.

Im Spätimperialismus gibt es keine Perspektive außer der, dass die kleine Schar der Milliardäre allmählich wächst. Es mangelt an einer Grundidee, an kulturellen Konzepten. Es fehlt das Ringen um zu realisierende Projekte. Statt dessen erleben wir ein permanentes Kriegsregime. Der Humanismus als allgemeines Recht scheint verloren. Die Zerstörung der Lebensgrundlage, die Vernichtung der Biosphäre wird durch digitale Hilfsräume ersetzt. Evangelikale und Verschwörungserzähler mit ihrem falschen Bewusstsein setzen die Themen der Zeit. Grün- und Weißbücher in Europa sind die Bedienungsanleitungen für die Militarisierung der Gesellschaft in einer Epoche der Deindustriealisierung und der sinkenden Profitrate. Der Klassenkrieg von Oben drängt uns in die Verblödung (Metz/ Seeßlen). Harmlos interpretiert kann man konstatieren, dass die Orientierungslosigkeit zum Allgemeingut geworden ist.

„Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“, so Horkheimer aus dem US-amerikanischen Exil 1939. Die hierzu geübte allgegenwärtige Gleichgültigkeit ist der bloße Ausdruck der materiellen und ideellen Verwüstungen die mit demokratischen Mitteln nicht einzuhegen sind. Der Krieg muss her, dann ist der Bürger wieder wer (nach Danzer). Der Mensch wird Täter durch geistige Verkrüppelung und fortlaufende Zerstörung der Vernunft (Lukaćs). Das formaldemokratische System der gesellschaftlichen Arbeit und der privaten Aneignung, d.h. des Kapitalismus ist in eine multiple Krise geraten – bei Abwesenheit des Sozialismus. Rechtsextremismus, Populismus, Konservativismus sind die Leitsterne der aus Sicht der Eliten zu bildenden antibolschewistischen Volksgemeinschaft. Noch lebt die Demokratie und sie wird aktiv im Rahmen der systematischen Konformität verteidigt. Setzen wir der Methodik der Manipulation zu Korps- und Untertanengeist, zu Mutlosigkeit und Autoritätssehnsucht die emanzipatorische Perspektive der Mehrheit entgegen. Streuen wir Rosen auf unseren Weg (Tiger/Tucholsky).

Zur Diskussion: Änderungsantrag „Erinnerungsarbeit“

29. Juli 2025

Auf der Kreismitgliederversammlung wurde zum vom Bundesausschuss vorgelegten Entwurf des Aktionsprogramms folgender Änderungsantrag beschlossen:

Wir schlagen vor, diesen Abschnitt folgendermaßen zu präzisieren:

174 Lehren aus der Geschichte ziehen – aktive Erinnerungskultur stärken

Anstelle der Zeilen 175-177 soll folgendes Eingefügt werden:

Es ist das „Alleinstellungsmerkmal“ der VVN-BdA gegenüber antifaschistischen und antirassistischen Initiativen und Netzwerken, dass sie ihre Wurzeln und politische Tradition in den Frauen und Männern des antifaschistischen Widerstandes, im Exil und den Überlebenden der faschistischen Haftstätten hat.

Das bedeutet für uns, dass deren politisches Vermächtnis, was bereits in den Programmen und Botschaften des Jahres 1945 –  z.B. im „Schwur von Buchenwald“ – formuliert wurde, Leitmotiv und Orientierung unserer Erinnerungsarbeit darstellt. Die unverzichtbare Aufgabe unserer Organisation ist es daher, das politische Vermächtnis der Überlebenden („Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“) für heutige und zukünftige Generationen zu übersetzen.

In diesem Sinne verstehen wir Erinnerungsarbeit nicht nur als „Gedenken der Opfer“, sondern als Verteidigung des politischen Vermächtnisses der Überlebenden für eine antifaschistisch-demokratische Entwicklung dieser Gesellschaft.

178 Dazu bedarf es einer starken und bündnisfähigen Organisation. Wir wollen den

179 Generationenwechsel in der VVN-BdA gestalten und dafür neue Mitglieder aus allen

180 Teilen der antifaschistischen Bewegung gewinnen.

181 Wo die Lehren aus der Geschichte zunehmend aus dem politischen Diskurs verdrängt

182 werden, ist aktive Erinnerungsarbeit wichtiger denn je. Wir werden deshalb auch

183 weiterhin auf allen Ebenen Erinnerungs- und Gedenkveranstaltungen und initiieren,

184 organisieren und aktiv unterstützen.

Wir treten dafür ein, dass die Frauen und Männer aus Widerstand und Verfolgung in ihrer ganzen politischen und gesellschaftlichen Breite angemessen im öffentlichen Raum gewürdigt werden.

184 Der Erhalt vorhandener und die Schaffung neuer

185 Gedenkorte gehören nach wie vor zu unseren Zielen, für die wir „vor Ort“ um

186 Bündnispartner:innen werben. Kürzungsplänen treten wir entschieden entgegen.

187 Zunehmende politische Angriffe auf Gedenkstätten, die immer wieder auch mit

188 physischer Gewalt einhergehen, weisen wir zurück.

In und gegenüber den Gedenkstätten treten wir dafür ein, dass der Fokus der Erinnerungsarbeit auf den Häftlingen sowie ihren Überlebenskampf und Widerstand gelegt wird. Das politische Vermächtnis der Überlebenden muss nachgeborenen Generationen vermittelt werden.

189 Thematisch bleibt die Aufklärung über Faschismus und Widerstand das zentrale Thema

190 unserer Erinnerungsarbeit. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit dem

191 allgegenwärtigem Geschichtsrevisionismus und allen Formen der Totalitarismus-Doktrin

192 ebenso wie die Erinnerung an die Verantwortung der gesellschaftlichen – insbesondere

193 der ökonomischen – „Eliten“ für den Aufstieg der NSDAP und die Übertragung der

194 Macht an die Nazi-Partei. Wir erinnern an Vernichtungskrieg und Völkermord als

195 zentrale Bestandteile faschistischer Herrschaft. Daraus ergibt sich auch die

196 Verpflichtung aktuelle Formen von Antisemitismus und Antiziganismus zu benennen und

197 zurückzuweisen. Zugleich erinnern wir auch an lange vergessene und verdrängte

198 Opfergruppen.

199 Den 8. Mai als Tag der Befreiung zu feiern, ist für uns selbstverständlich. Wir wollen ihn

200 zum Feiertag machen, um ein gesellschaftliches Zeichen zu setzen, das dazu beiträgt

201 deutlich zu machen: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Zeile 199-201:

Wir fordern: Der 8. Mai muss Feiertag werden. Damit wird ein gesellschaftliches Zeichen gesetzt: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Wir erinnern insbesondere daran: Für die Verfolgten und Opfer des Nazi-Regimes, die Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer, für diejenigen, die vor den Schergen des deutschen Faschismus in die Emigration gehen mussten, für all die galt der 8. Mai 1945 als Befreiung vom Faschismus. Sie waren es, die unmittelbar nach Kriegsende mit dem Wiederaufbau begannen. Sie sahen die Chance, ein neues, friedliches Deutschland aufzubauen, demokratisch und frei vom Faschismus, ohne Militarismus, ohne den Einfluss der mächtigen Monopole, die an diesem Krieg verdient hatten. Ermutigt wurden sie durch die Beratungen der Anti-Hitler-Koalition, die im August 1945 zum Potsdamer Abkommen führten.

Zur Diskussion: Änderungsantrag „Europa“

29. Juli 2025

Auf der Kreismitgliederversammlung wurde zum vom Bundesausschuss vorgelegten Entwurf des Aktionsprogramms folgender Änderungsantrag beschlossen:

Zeile 8/9:
Die vielfältigen Krisen haben zu einer offenen Rechtsentwicklung in Europa u. a. in Italien, Österreich, Ungarn, Rumänien und weltweit beigetragen.
Dieser Vorschlag wird der aktuellen Situation nicht gerecht.

Die Kreisvereinigung Kassel schlägt anstelle dieses Textes folgende Formulierung vor:
Wir erleben aktuell in Europa eine massive Rechtsentwicklung. In Italien und Ungarn regieren faschistische bzw. extrem rechte Regierungen. In den Niederlanden und Belgien stehen rassistische und rechtspopulistische Parteien an der Spitze der Regierungen. In weiteren Ländern sind extrem rechte Parteien Mehrheitsbeschaffer für rechtskonservative Regierungen. In Polen wurde ein Präsident gewählt, der von der PiS-Partei und Konfederacia unterstützt wurde. Diese Verschiebung der politischen Gewichte in Europa spiegeln sich auch in der Politik der Europäischen Union wider, wo offene Faschisten als Kommissare der EU-Kommission gewählt wurden. Die Politik im heutigen Europa ist weit davon entfernt, ein Europa der Menschen zu sein. „Festung Europa“ und Militarisierung der EU kennzeichnen die aktuelle Politik.

VVN-BdA bereitet Bundeskongress vor

29. Juli 2025

Anfang Oktober findet in Stuttgart-Bad Canstatt ein außerordentlicher Bundeskongress der VVN-BdA statt. Auf ihm soll es nur um die Beschlussfassung zu einem Aktionsprogramm und weitere Anträge zum Zeitgeschehen gehen.

Dieser Kongress ist insofern bedeutend, als es um die Schaffung einer gemeinsamen programmatischen Grundlage für die Organisation, die durch viele neue und jüngere Mitglieder gewachsen ist, für die kommenden Jahre gegen soll.

Wir begrüßen diesen Weg und möchten in diese Diskussion Mitglieder und Freunde der VVN-BdA einbeziehen. Daher werden wir in Vorbereitung des Bundeskongresses auf unserer Homepage unter der Überschrift „Zur Diskussion“ Statements, Anträge und weiter Ideen zur gemeinsamen Positionsfindung veröffentlichen.

Wer sich beteiligen möchte, schicke bitte seinen Text in digitaler Form an unsere E-Mail-Anschrift (kassel@vvn-bda.de). Wenn es sich um einen persönlichen Beitrag handelt, werden wir ihn namentlich gekennzeichnet abdrucken. Wir freuen uns auf inhaltliche Beiträge.

8. Mai 2025 Kassel

9. Mai 2025

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An die 200 Teilnehmer haben an der Feierlichkeit teilgenommen. Jenny Huschke hat eine kämpferische und gewohnt klare Ansprache gehalten mit starken Bezug zur Gegenwart. Für das Kasseler Friedensforum betonte Thomas Jansen-Hochmuth die friedenspolitische Bedeutung des 8. Mai1945.

Im Ehrenmal waren dann noch gut 150 Teilnehmer. Eingebettet in der Musik von Phillip Hofmann haben Silvia Gingold  (VVN-BdA) und Klaus Brocke (Stolpersteine in Kassel e.V.) geredet. Silvia hat aus dem Leben ihrer Mutter im Widerstand und die ersten Jahre eindrucksvoll berichtet. Rolf Wekeck hat aus seinem Buch die Kurzbiografie von Felix Blumenfeld vorgelesen. Eingeleitet wurde die Veranstaltung im Ehrenmal von den gemeinsam gesungenen Lieder „die Moorsoldaten“ und Bella Ciao.

Foto: Michael Schulze von Glaßer

Nachfolgend die Ansprache von Silvia Gingold im Ehrenmal

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Der 8.Mai 1945: Das Ende der faschistischen Barbarei, der Tag, an dem sich die Tore der Konzentrationslager und Zuchthäuser öffneten und die Todesqualen der Millionen beendete. Das Ende der Gaskammern, der Todesurteile, gefällt von Blutrichtern, das Ende explodierender Bomben, der Schlachtfelder, die Millionen von Soldaten in den Tod trieben – der Beginn des Friedens!

Es waren die Kräfte der Antihitlerkoalition und die Kräfte des internationalen Widerstands, die die Befreiung herbeiführten. Allein das sowjetische Volk opferte 27 Millionen Menschenleben. Es ist eine Schande, Vertreter des Volkes, das die größten Opfer im Kampf gegen den Faschismus brachte, von den offiziellen Feierlichkeiten zur Befreiung auszuschließen. Dazu erklärte die Internationale Widerstandsorganisation (FIR): „Wer glaubt, zwischen ‚guten‘ und ‚bösen‘ Befreiern unterscheiden zu können, der missbraucht die Erinnerung an den Tag der Befreiung für Zielsetzungen, die das Andenken an die Befreier beschädigen.“
 In vielen Länder, die sich gegen die Nazibesatzung wehrten, die an der Befreiung vom Faschismus mitwirkten, ist der 8.Mai ein Feiertag.  Es ist überfällig seit mehr als sieben Jahrzehnten, dass endlich dieser Tag der Befreiung auch bei uns zum nationalen Feiertag erklärt wird, wie es die Auschwitz Überlebende Esther Bejarano gefordert hat.

In der offiziellen Geschichtsdarstellung gibt es fast nur den Widerstand des 20. Juli, allenfalls noch die Weiße Rose der Geschwister Scholl. Bis heute ausgeblendet bleibt der Widerstand der Zehntausenden mutigen Frauen und Männer, zumeist aus der Arbeiterbewegung. Sie haben die Gräuel des faschistischen Terrors nicht hingenommen, sie haben sich gewehrt, von Anfang an.
 Unter ihnen viele mutige Frauen, meist politisch organisiert, insbesondere Kommunistinnen und Sozialdemokratinnen, Christinnen und andere humanistisch gesinnte Frauen. Sie alle verband der Wunsch nach Freiheit und die Sehnsucht nach Frieden.

Eine dieser Frauen war meine Mutter Ettie Gingold, als Jüdin und Kommunistin verfolgt, schloss sie sich dem französischen Widerstand gegen die Nazibesatzung an.

Meine Arbeit bestand darin, Verbindungen aufrechtzuerhalten, Kurierarbeit nannte sich das. In unserem illegalen Häuschen hatten wir auch eine primitive Abzugsmaschine aufgestellt. In einem Wandschrank habe ich die Schreibmaschine eingebaut, damit man von draußen nicht hören konnte, dass geschrieben wurde. So haben wir Flugzettel, Zeitungen und anderes Material hergestellt.

Darin haben wir die deutschen Soldaten aufgefordert, sich zurückzuziehen, nicht weiterzukämpfen, den Krieg zu beenden.

  • Ich bin jeden Tag nach Paris reingefahren. Mein Material war in Nudelpaketen und anderen Lebensmittelpackungen, verpackt. Für Wachsbogen, die man ja rollen musste, benutzten wir lange Spaghettischachteln. Das Ganze habe ich in ein Netz getan, so dass man sehen konnte, dass ich eben »Lebensmittel« transportierte.
     
    Man musste jeden Tag praktisch mit dem Leben abschließen. Wenn man auf die Straße ging, wusste man ja nicht, ob man wiederkommen würde, man konnte ja jederzeit verhaftet und deportiert werden. Besonders schlimm aber war für mich die Trennung von meinem Kind und meinem Mann. Ich wusste ja nie, wenn man mal wegging, ob man sich wiedersehen würde.

Als meine Mutter zusammen mit meinem Vater 1945 aus der Emigration nach Deutschland zurückkehrte, wollte sie und mit ihr viele überlebende Antifaschistinnen und Antifaschisten daran mitwirken, dass der Schwur von Buchenwald Wirklichkeit wird, den Nazismus mit seinen Wurzeln zu vernichten. Dass von deutschem Boden nie mehr Krieg ausgeht.

Meine Eltern haben es sich nicht vorstellen können, dass nach den Erfahrungen des grausamen und mörderischen Hitlerkrieges, am Ende des 20.Jahrhunderts deutsches Militär wieder an Kriegen, wie 1999 in Jugoslawien, beteiligt sein würde, dass militärische Auslandseinsätze der Bundeswehr zur Normalität würden.

Und heute wären sie entsetzt, darüber, dass 80 Jahre nach der Niederschlagung der deutschen Wehrmacht der Ruf nach Kriegstüchtigkeit, eine gigantische Hochrüstung, die Militarisierung unserer Gesellschaft, die Einstimmung der Bevölkerung auf Krieg, das öffentliche Leben bestimmen.

Sie wären entsetzt über das Erstarken faschistischer und antidemokratischer Kräfte in Europa und bei uns, über deren Verharmlosung und Relativierung der Naziverbrechen.

Und sie wären entsetzt über die menschenverachtende Asyldebatte, das bis zur Unkenntlichkeit verkümmerte Asylrecht, die rechtswidrigen Abschiebungen und Zurückweisungen, den Überbietungswettbewerb über die schärfsten Maßnahmen gegenüber Flüchtenden, die vor Krieg, Gewalt und Elend bei uns Schutz suchen.Als leidenschaftliche Friedenskämpferin auch nach dem Krieg erklärte meine Mutter am Antikriegstag 1983 in Frankfurt/M und im Bonner Hofgarten anlässlich der Stationierung von Atomraketen: Glaubt mir, ich sammle lieber Unterschriften gegen die Stationierung der Atomraketen, als große Reden zu halten.
 Während der Nazizeit haben wir niemals den Friedenskampf aufgegeben Im Krieg haben wir gegen den Krieg gekämpft, alles in Kauf nehmend, Not, Folter, Gefängnis. Mein damals zweijähriges Kind musste ich bei einer Bauernfamilie verstecken, um es vor Auschwitz, vor der Gaskammer zu retten.
 Wir, die noch in Freiheit lebenden Widerstandskämpfer wussten nicht,ob wir morgen in den Händen der SS sein werden.Da haben wir uns geschworen: Sollten wir überleben, wir werden alles tun, damit nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg, nie wieder ein Weltbrand von deutschem Boden ausgeht.
 Sofort nach 1945 entschieden wir uns dafür, der beginnenden Wiederaufrüstung entgegenzuwirken. Heute geht es darum, die Verwandlung unseres Landes in eine Abschussrampe für amerikanische Erstschlagwaffen zu verhindern.
 In die Friedensbewegung bringen wir unsere bitterste Erfahrung ein: Hitler, Krieg und Auschwitz waren möglich, weil die Antifaschisten, die Demokraten, die Sozialdemokraten und Kommunisten nicht zueinander gefunden haben. Erst im illegalen Widerstand, im Zuchthaus und KZ haben wir uns verständigt und niemanden mehr gefragt, wer er sei. Aber es war zu spät..
 Würden die Toten des Zweiten Weltkrieges auch nur einen Augenblick auferstehen können, es wäre ein einziger Aufschrei von Millionen: ‚Wiederholt unsere Fehler nicht, macht es besser als wir, steht zusammen. Erhaltet die Gemeinschaft Eurer Friedensbewegung, damit Ihr nicht wie wir zu einer Gemeinschaft von Toten werdet.‘
 Wir dürfen nicht auf die Politiker hoffen, wir müssen sie unter Druck setzen, wir müssen von ihnen fordern: Geben Sie für das Leben, was Sie für den Tod ausgeben!“

Diese Forderung meiner Mutter, Ich wiederhole sie heute nach über 40 Jahren: Geben Sie für das Leben, was Sie fürden Tod ausgeben!

8. Mai 1945 – 2025 – Erinnerung in Kassel

1. Mai 2025

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde,

bekanntlich ist nach dem 1. Mai vor dem 8. Mai, wo wir in diesem Jahr auch in Kassel an den 80. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg erinnern wollen. Nachdem alle politischen und organisatorischen Fragen geklärt worden sind, schicke ich euch den gemeinsamen Flyer von DGB Kreisvorstand Kassel, Kasseler Friedensforum, NaturFreunde Kassel, Stolpersteine Kassel e.V. und VVN-BdA Kassel, die als Veranstalter auftreten und die jeweils mit einem Redebeitrag auf der Veranstaltung vertreten sein werden.

Damit möglichst viele Menschen von dieser Veranstaltung erfahren – und dann hoffentlich auch kommen – schicke ich euch elektronisch die Einladung mit der Bitte, diese Einladung über eure Verteiler an einem möglichst großen Kreis von Interessierten weiterzuleiten. Es wäre schön, wenn es uns gelingt, an diesem Tag ein deutliches Signal in die Stadtgesellschaft zu senden, dass die Erinnerung an die Befreiung verbunden ist mit dem Versprechen, sich für das politische Vermächtnis der Überlebenden heute und zukünftig einzusetzen: „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln, Schaffung einer Welt des Friedens und der Freiheit“.

Eindrucksvolles Gedenken an die ermordeten Zwangsarbeiter

31. März 2025

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Am 30. März fand am Gedenkstein beim Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe die gemeinsame Gedenkveranstaltung von ANPI Frankfurt und VVN-BdA Kasel für die dort ermordeten 79 Zwangsarbeiter statt. In Ansprachen – unter ihnen eine Schülergruppe aus Frankfurt – wurde das Schicksal der Ermordeten nachgezeichnet und über die Täter berichtet. Gemeinsam wurde die Forderung erhoben, der 8.Mai muss Feiertag werden, wie es Esther Bejarano in ihrem eindringlichen Appell vor einigen jahren formuliert hat.

Zum Abschluss legten die Teilnehmenden Kränze zum Gedenken nieder.

Foto: Stephan Schimmelpfennig-Könen

Vor 80 Jahren: Mord an 79 Zwangsarbeitern am Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe

17. März 2025

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Gedenkveranstaltung am Sonntag, 30. März 2025 um 14:00 h

Kassel steht gegen Rechtsentwicklung

2. Februar 2025

Schon wieder können wir von einer großartigen Aktion der Kasseler Zivilgesellschaft gegen die Dammbrücke nach Rechts berichten. Laut Medienberichten haben am 2. Februar über 7.000 Menschen auf dem Königsplatz in Kassel gegen die Zusammenarbeit von CDU/CSU mit der AfD – unterstützt von FDP und weiteren Abgeordneten – in der Verschärfung der Migrationspolitik protestiert.

Die Redebeiträge von Kasseler gegen Recht, Seebrücke, Schwarzen Menschen in Deutschland, Omas gegen Rechts, DGB und DGB-Jugend machten sehr deutlich, dass es nicht nur ein Tabu-Bruch war, sondern es eine Frage des Politikwechsels ist. Angesichts der großen Zahl von Zuhörenden war die Lautsprecheranlage deutlich unterdimensioniert. Daher drucken wir nachfolgend den Redebeitrag des Vertreters der VVN-BdA Kreisvereinigung Kassel auf dieser Kundgebung ab.

Ansprache Kundgebung am 2. Februar 2025 (Königsplatz)
Nachdem meine Vorredner/innen schon hinreichend ihre Empörung über den skandalösen politischen Dammbruch im Deutschen Bundestag zum Ausdruck gebracht haben, möchte ich auf einen anderen Aspekt zu sprechen kommen, der deutlich macht, dass diese Entscheidung kein „Ausrutscher“ war, sondern der Versuch einer Abkehr von Grundprinzipien, für die wir als Demokraten uns seit vielen Jahren einsetzen.
Diese zurecht skandalisierte Zusammenarbeit mit der extremen Rechten läuft – leider viel zu wenig wahrgenommen – auch seit den letzten Wahlen auf europäischer Ebene. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wurde nicht nur mit den Stimmen der extremen Rechten in dieser Funktion bestätigt, vielmehr kann man von einer politischen Überzeugungsfreundschaft der Kommissionspräsidentin mit der italienischen Faschistin Giorgia Meloni (Fratelli d‘Italia) sprechen. Die italienische Regierungschefin gibt die Leitlinien in der Abwehr der Flüchtlinge von der „Festung Europa“ vor und die EU-Kommission winkt alle Maßnahmen, die dafür notwendig sind, durch. Zwar haben italienische Gerichte die Unterbringung von Asylsuchenden, die es bis Italien geschafft haben, in den Internierungslagern in Albanien untersagt, aber die Meloni-Regierung will es dennoch praktizieren. Die europäische Kommission hat mit nordafrikanischen Staaten vergleichbare Abkommen abgeschlossen, die darauf hinauslaufen, dass faktisch das europäische Asylrecht ausgehöhlt wird. Damit zerstört man eine der positiven Konsequenzen der Befreiung von Faschismus und Krieg vor 80 Jahren.
Vor wenigen Tagen erst hörten wir in Ansprachen zum 27. Januar 1945 salbungsvolle Worte. Wie notwendig die Erinnerung an die Verbrechen des Faschismus und die daraus folgende Konsequenz: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ seien. Wenn aber die Vertreter der politischen Klasse im praktischen Vollzug genau diesen Aussagen zuwiderhandeln, dann fragt es sich, wieso sollen junge Leute diese Verpflichtungen für sich annehmen und als Leitsatz für ihr zukünftiges Handeln in der Demokratie beherzigen?
Trotzdem bin ich optimistisch, wenn ich sehe, wie viele Tausend bereits am 18. Januar an der Demonstration und Kundgebung für Demokratie und Menschenrechte teilgenommen haben. Ich bin optimistisch, wenn ich an die eindrucksvolle Menschenkette zum Gedenken an den 27. Januar hier in Kassel denke. All das sind großartige Zeichen der Zivilgesellschaft, dass sie die historischen Lehren nicht vergessen wird.
Wäre es nicht an der Zeit, dass die Politiker aller demokratischen Parteien sich klar und eindeutig gegen rassistische und extrem rechte Positionen nicht nur aussprechen, sondern auch in diesem Sinne handeln?
Wer glaubt, die extreme Rechte für eigene Zwecke „benutzen“ zu können, der vergisst entscheidende Erfahrungen. Vor fünf Jahren meinte der FDP-Mann Kämmerich, Ministerpräsident von Thüringen werden zu können – von Höckes Gnaden. Das ging nach wenigen Tagen schief. Wer jedoch geglaubt hat, man könne ungestraft die AfD als Mehrheitsbeschaffer nutzen, der musste bei der letzten Landtagswahl in Thüringen erleben, dass diese Partei nunmehr die stärkste Kraft im Thüringer Landtag geworden ist und mit dieser Macht nun das parlamentarische Verfahren blockiert.
Und vor 92 Jahren musste man erleben, dass die Hitler-Hugenberg-Papen-Regierung, die von Reichspräsident Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933, ins Amt gehievt wurde, in der auch nur drei NSDAP-Minister waren, nicht durch die acht konservativen Regierungsmitglieder „eingehegt“ werden konnte. Die Folgen dieser dramatischen Fehleinschätzung muss ich hier sicherlich nicht ausführlich erläutern.
Für uns bedeutet es deshalb: Zivilgesellschaftlicher Protest ist unabdingbar gegen solche Zusammenarbeit mit der extremen Rechten.
In vielen Ländern Europas sehen wir gegenwärtig erschreckende Warnzeichen für die demokratische Entwicklung: Eine faschistische Regierung in Italien, ein Rechtspopulist in Ungarn an der Macht, in Österreich haben wir demnächst eine FPÖ dominierte Regierung. Gestern berichtete die Tagesschau, dass in Belgien die extrem rechte „Neue Vlaamse Allianz“, die rassistisch und separatistisch auftritt, den kommenden Regierungschef stellen wird. Und diese Liste ist leider nicht vollständig.
Tun wir also alles dafür, dass unser Land sich nach dem 23. Februar nicht in diese verhängnisvolle Entwicklung einordnet. Dafür brauchen wir nicht nur die Kreuze auf dem Stimmzettel, wir brauchen das Engagement aller Demokraten! Dafür brauchen wir euer Engagement
!

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